Streit um Wettbewerbsverbote
Streitigkeiten rund um Wettbewerbsverbote sind zumeist komplexe Fälle, da neben den Regelungen des Arbeitsvertrags bzw. Dienstvertrags (als Geschäftsführer, Vorstand oder Aufsichtsrat) auch verschiedene Gesetzesnormen eine entscheidende Rolle spielen können. Dies sind einmal Normen des Handelsgesetzbuches (HGB) und der Rechtsformgesetze (GmbH-Gesetz – GmbHG, Aktiengesetz – AktG, Genossenschaftsgesetz – GenG) sowie zum andern das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) und unter Umständen weitere wettbewerbsrechtliche Spezialgesetze.
Vertragliche Wettbewerbsverbote
Grundsätzlich lassen sich zwei Arten von Streitigkeiten über Wettbewerbsverbote unterscheiden: Solche, die sich auf ein laufendes Arbeitsverhältnis oder Dienstverhältnis beziehen und solche, die sich nach Ablauf eines Arbeitsvertrages oder Dienstvertrages ergeben. Im ersteren Falle kommt es häufig vor, dass die Wettbewerbsverletzung Anlass für eine Kündigung des Vertrages ist und sich die Beteiligten darüber streiten, ob die Tätigkeit tatsächlich eine Kündigung rechtfertigt. Außerdem fordert der Arbeitgeber bzw. das dienstberechtigte Unternehmen regelmäßig eine Unterlassung der Wettbewerbstätigkeit und Schadensersatz oder macht ein Selbsteintrittsrecht bezüglich des neuen Kundenauftrags geltend.
Nachvertragliche Wettbewerbsverbote
Im zweiten Fall geht es um nachvertragliche Wettbewerbsverbote – Grundlage ist hier häufig eine gesonderte Vereinbarung, die regelmäßig gemeinsam mit dem Arbeitsvertrag geschlossen wurde. Streitpunkt einer solchen nachvertraglichen Wettbewerbsvereinbarung ist häufig deren Wirksamkeit: Ist hier keine Karenzentschädigung in Höhe von mindestens 50 % der zuletzt geschuldeten vertragsmäßigen Vergütung vorgesehen, entfällt die Verbindlichkeit der Vereinbarung für den Arbeitnehmer bzw. den Dienstverpflichteten. Daneben gibt es zahlreiche weitere zwingende Voraussetzungen für die Wirksamkeit eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots, die in der Vertragspraxis erstaunlich häufig nicht eingehalten werden und damit einen Anlass bieten können, gegen die Vereinbarung vorzugehen. In vielen Fällen besteht dann ein Wahlrecht des Arbeitnehmers bzw. des Dienstverpflichteten, ob er sich entweder an die Vereinbarung halten und dafür eine Karenzentschädigung beziehen möchte oder ob er sich von den nachvertraglichen Beschränkungen löst und damit ehemalige Kunden seines Arbeitgebers abwerben und für sie tätig werden darf.
Abwerbeschutz bezüglich der Kunden
Während also der Arbeitnehmer bzw. Dienstverpflichtete nach Wegen sucht, Kunden des Unternehmens, für das er tätig war, abzuwerben oder sich seine Zurückhaltung angemessen honorieren zu lassen, stellt sich die Lage aus Sicht des Arbeitgebers wie folgt dar: Er möchte seine Kunden nicht (dauerhaft) verlieren und den neuen Wettbewerber verdrängen oder seinen Marktauftritt zumindest so stark wie möglich behindern. Ein oft beschrittener Weg ist es daher, sämtliche Maßnahmen in Reichweite kombiniert einzusetzen: Also ein Vorgehen aus der vertraglichen Vereinbarung in Verbindung mit dem HGB und den Rechtsformgesetzen (GmbHG, AktG, GenG) gerichtet auf Unterlassung, Schadensersatz und Selbsteintritt. Gleichzeitg werden auf der Grundlage des Wettbewerbsrechts (UWG) verschiedene Wettbewerbsverletzungen zunächst abgemahnt und dann im einstweiligen Rechtsschutz und ggf. im Hauptsacheverfahren verfolgt. Kalkül hinter einem solchen Vorgehen ist teilweise, dass – selbst wenn die ergriffenen Maßnahmen nicht vollumfänglich erfolgreich sind – der neue Wettbewerber mit der Abwehr der gesammelten Forderungen „beschäftigt“ ist und sich einem regelmäßig erheblichen Kostenrisiko gegenüber sieht. Dies setzt die tatsächliche Wettbewerbsfähigkeit des neuen Wettbewerbers häufig entscheidend herab.