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OLG Frankfurt a. M.: Zur Dringlichkeit und zum Wegfall der Wiederholungsgefahr beim rechtlichen Vorgehen gegen eine ehrverletzende Pressepublikation

Das OLG Frankfurt am Main hat vor kurzem in einem Eilverfahren entschieden, dass die für den Erlass einer einstweiligen Verfügung erforderliche Dringlichkeit dann noch gegeben ist, wenn der Eilantrag sechs Wochen nach Veröffentlichung einer ehrverletzenden Äußerung bei Gericht eingeht. Dieser „Zeitablauf ist gerade noch hinnehmbar“, urteilten die Richter des OLG Frankfurt am Main. Zudem führe eine unvollständige Richtigstellung nicht zum Wegfall der Wiederholungsgefahr (OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 13.06.2013 – Az.: 16 U 14/13). 

Zuvor hatte bereits das LG Frankfurt am Main der Verfügungsklägerin Recht geben und zu ihren Gunsten eine einstweilige Verfügung erlassen. Das OLG Frankfurt am Main bestätigte mit seinem Urteil nun die einstweilige Verfügung des Landgerichts. Google

Die Verfügungsklägerin ist eine gemeinnützige Stiftung und gemäß § 11 Transplantationsgesetz die bundesweite Koordinierungsstelle für Organspenden. Die Verfügungsbeklagte zu 1) veröffentlichte in ihrer Print- und Online-Ausgabe im Mai 2012 einen von der Verfügungsbeklagten zu 2) verfassten Artikel, der sich kritisch mit einer Organentnahme aus dem Jahre 2005 befasst.

Die vom OLG Frankfurt am Main bestätigte einstweilige Verfügung des Landgerichts untersagt es den Verfügungsbeklagten, über eine im Dezember 2005 am A-Klinik O1 erfolgte Organentnahme öffentlich zu behaupten, „es fehlte das komplette zweite ärztliche Protokoll“ und/oder „der Ausfall sämtlicher Hirnfunktionen sei bloß ein einziges Mal diagnostiziert worden“ und/oder „der Verdacht lag nahe, dass diese zweite Diagnostik schlicht vergessen worden war“, wenn dies geschieht, wie im Artikel der Antragsgegnerinnen vom … Mai 2012“. Ferner ist es den Verfügungsbeklagten nach der einstweiligen Verfügung untersagt, öffentlich über den weiteren Verlauf des Vorfalls zu behaupten: „Eine Mitarbeiterin aus dem … DSO-Team, die sich für eine Klärung des Falls stark gemacht hatte, bekam die fristlose Kündigung zugestellt – per Bote um Mitternacht“, wie im Artikel der Antragsgegnerinnen vom … Mai 2012“.

Wichtig sind im Urteil des OLG Frankfurt am Main insbesondere folgende Erwägungen:

  • Es spiele keine Rolle, dass die Verfügungsklägerin einen gleichlautenden Artikel in einer anderen Zeitung nicht ebenfalls im Wege der einstweiligen Verfügung verbieten ließ. Es sei der Verfügungsklägerin unbenommen, selbst auszuwählen, welche Berichterstattung in welchem Presseorgan sie gerichtlich angreift oder nicht.
  • Auch sei der Zeitablauf – ca. sechs Wochen – zwischen dem Veröffentlichungszeitpunkt der ehrverletzenden Äußerungen und dem Zeitpunkt des Eingangs des Verfügungsantrages bei Gericht „gerade noch hinnehmbar“. Es handele sich nicht um das Begehren auf Veröffentlichung einer Gegendarstellung, die die Aktualitätsgrenze der Pressemeldung zu berücksichtigen hätte. Vorliegend gehe es vielmehr um ein Unterlassungsbegehren. Vor dem Hintergrund, dass der Vertreter der Verfügungsklägerin bis Anfang Juni 2012 in den USA gewesen sei und eine angemessene Überlegungsfrist zuzubilligen sei, erscheine es als noch rechtzeitig, binnen sechs Wochen den Unterlassungsantrag zu stellen, da durch eine Verweisung auf das Hauptsacheverfahren dem Interesse der Verfügungsklägerin an einem schnellen Rechtsschutz nicht Rechnung getragen werden könnte.
  • Die Verfügungsbeklagten hatten nachfolgend noch einen „Ergänzenden Bericht“ veröffentlicht. Nach Auffassung des OLG Frankfurt am Main sei darin aber keine vollständige Richtigstellung enthalten gewesen. Von einer vollständigen Richtigstellung, die die Wiederholungsgefahr entfallen ließe, könne nach Auffassung des OLG Frankfurt am Main deshalb im vorliegenden Fall keine Rede sein. Um die Wiederholungsgefahr entfallen zu lassen und von einer kompensierenden Richtigstellung sprechen zu können, hätte bereits vor dem Abdruck des alten „online-Berichts“ auf die Richtigstellung in dem ergänzenden Bericht hingewiesen werden müssen. Wörtlich führt das OLG Frankfurt am Main aus: „Denn welcher Leser nimmt sich die Zeit, beide Berichte zu lesen, ohne auf Anhieb zu erkennen, dass in dem ergänzenden Bericht eine Richtigstellung enthalten ist?“

Das Urteil des OLG Frankfurt am Main ist gemäß § 542 Abs. 2 ZPO rechtskräftig.