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Aufenthaltsrechtliche Herausforderungen bei grenzüberschreitender Dienstleistung im Homeoffice für Nicht-EU-Ausländer

Auf dem deutschen Arbeitsmarkt spielt telemediale Heimarbeit eine zunehmend wichtige Rolle: Arbeitgeber erkennen die Vorteile einer dezentralen Organisation und Arbeitnehmer wissen die gute Vereinbarkeit von Privat- und Arbeitsleben im Homeoffice zu schätzen. Aus rechtlicher Perspektive führen jedoch insbesondere grenzüberschreitende Tätigkeiten zu zahlreichen Herausforderungen.

Aufenthaltsrechtliche Probleme für Drittstaatler bei grenzüberschreitender telemedialer Dienstleistung

Das deutsche Aufenthaltsrecht sieht überraschenderweise keine Pauschallösung für eine grenzüberschreitende Arbeit aus dem Homeoffice heraus vor. Der Gesetzgeber hatte die Möglichkeit eines Aufenthalts in Deutschland bei gleichzeitiger Tätigkeit für ein Unternehmen mit Sitz im Ausland schlicht nicht vor Augen. Entsprechend dieser gesetzlichen Konzeption sind die meisten Aufenthaltserlaubnisse vom Grundgedanken her an eine Tätigkeit bei einem Arbeitgeber mit Sitz in Deutschland gebunden. Dies ist allerdings nicht zwingend. Im Folgenden stellen wir Möglichkeiten vor, um eine Homeoffice-Tätigkeit mit einem nationalen Aufenthaltstitel in Einklang zu bringen.

Niederlassungserlaubnis und Daueraufenthalt EU

Die einfachste Möglichkeit ist die Beantragung einer Niederlassungserlaubnis oder eines Daueraufenthalts EU. Zwar sind beide Titel an eine Erwerbstätigkeit bzw. eine Sicherung des Lebensunterhalts geknüpft, allerdings muss dies nicht zwingend bei einem deutschen Arbeitgeber geschehen. Voraussetzung für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis ist grundsätzlich ein erwerbstätiger Aufenthalt von mindestens fünf Jahren bzw. die Leistung von 60 Monaten Pflichtbeiträgen in der gesetzlichen Rentenversicherung. Die übrigen Voraussetzungen, etwa das Absolvieren eines Integrations- und Sprachkurses, können vergleichsweise einfach hergestellt werden.

Einschaltung eines Payroll-Dienstleisters

Eine weitere Möglichkeit zur Tätigkeit im Homeoffice für einen Arbeitgeber im Ausland mit einer Aufenthaltserlaubnis ist die Beauftragung eines sog. Payroll-Dienstleisters. Dieser führt die Abrechnungen in Deutschland durch, so dass auch in Deutschland Steuern und Sozialbeiträge gezahlt werden. Ein entsprechendes Arbeitsverhältnis berechtigt entgegen der Auffassung mancher Ausländerbehörde zu einem Erwerbsmigrationstitel. Insofern sehen die innerbehördlichen Verwaltungsvorschriften eindeutig vor, dass “der Sitz des Arbeitgebers keine Rolle spielt, solange ein Beschäftigungsverhältnis im Inland besteht oder angestrebt wird und kein Fall der Entsendung vorliegt”. Welche rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten sich hinter dieser Vorschrift verbergen, ist den meisten Sachbearbeitern nicht klar. Im Zweifel muss deshalb der Ausländerbehörde diese Konstruktion von einem Rechtsanwalt für Migrationsrecht erläutert werden.

Selbstständige Tätigkeit

Sodann ist auch eine Tätigkeit als selbstständiger Subunternehmer möglich. Unabhängig davon, dass diese Konstruktion aus arbeitsrechtlicher und sozialversicherungsrechtlicher Perspektive zu zahlreichen Rechtsunsicherheiten führen kann, berechtigt sie jedoch grundsätzlich zur grenzüberschreitenden Dienstleistung aus dem Homeoffice heraus. Um eine Aufenthaltserlaubnis zur selbstständigen Tätigkeit zu erlangen, müssen grundsätzlich sehr hohe Hürden genommen werden, da das Aufenthaltsrecht beispielsweise vorsieht, dass “ein wirtschaftliches Interesse oder ein regionales Bedürfnis” bestehen muss (§ 21 AufenthG). Auch dies kann jedoch umgangen werden, indem etwa eine andere Aufenthaltserlaubnis beantragt wird, die die erlaubte Selbstständigkeit lediglich als Nebenbestimmung vorsieht. Auf der Karte bzw. dem elektronischen Aufenthaltstitel (eAT) wird dann der Vermerk “selbstständige Tätigkeit erlaubt” angebracht. Welcher Titel hierfür der Richtige wäre, ist stets eine Frage des Einzelfalls, sodass im besten Fall zuvor ein Rechtsanwalt für Einwanderungsrecht beteiligt wird.

Weitere Gestaltungsmöglichkeiten

Sollte keine der genannten Möglichkeiten in Betracht kommen, wären andere Gestaltungsvarianten denkbar: Zum Beispiel könnte der Arbeitgeber eine unselbständige Niederlassung (Betriebsstätte) in Deutschland begründen, was allerdings ungewollte steuerliche Folgen haben könnte, einen Dienstleister im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung beauftragen oder den Arbeitnehmer im Ausland einzustellen und ihn dann nach Deutschland zu entsenden. Diese Wege sind jedoch regelmäßig mit einem nicht unerheblichen Kosten- und Verwaltungsaufwand verbunden, welcher sich für einen einzelnen Arbeitnehmer nicht immer lohnt.

Im Ergebnis ist die Frage nach dem richtigen Aufenthaltstitel bei einer grenzüberschreitenden Dienstleistung für einen Arbeitgeber mit Sitz im Ausland stets einzelfallabhängig. Sollte bereits eine Niederlassungserlaubnis in greifbarer Nähe sein, könnte dies das Problem unkompliziert lösen. Ist der Arbeitnehmer jedoch noch kurz in Deutschland, muss sorgsam zwischen den übrigen Möglichkeiten abgewogen werden, da es jeweils spezifische Vor- und Nachteile gibt.