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Fachkräftemangel in der IT-Branche: Zur Erhaltung der Konkurrenzfähigkeit will Deutschland die Digitalisierung weiter ausbauen

Digitalisierung weiter auf dem Vormarsch

Die Covid-19-Pandemie hat gezeigt, dass Deutschland bei der Digitalisierung Aufholbedarf hat. Es ist offensichtlich, dass die Bedeutung der Informationstechnologie (IT) weiter zunehmen wird: Virtuelles Arbeiten, Machine Learning („Künstliche Intelligenz“) und digitale Kommunikation sind die Zukunft in allen wesentlichen wirtschaftlichen Bereichen. Deshalb bietet der deutsche Arbeitsmarkt auch ausländischen IT-Sicherheitsexperten und Programmierern ein stetig wachsendes Angebot, beispielsweise in der Anwendungsentwicklung und im FinTech-Bereich.

Bundesregierung will Informationsbereiche ausbauen

Deutschland will im IT-Bereich massiv aufrüsten. Allerdings fehlt es an Spezialisten. Schon seit 2010 steigt die Zahl der mutmaßlich fehlenden Fachkräfte im IT-Bereich jedes Jahr weiter an. Aktuell fehlen in Deutschland nach Schätzungen bestimmter Interessengruppen ca. 96.000 Fachkräfte im IT-Bereich, zwei Drittel der befragten Unternehmen stellten einen internen Mangel an IT-Experten fest. Eine häufig diskutierte Möglichkeit ist das Anwerben von IT-Spezialisten aus Drittstaaten: Bereits 2019 hatten 11 % der Beschäftigten in den IT-Berufen eine ausländische Staatsangehörigkeit, davon kamen 64 % der Eingereisten ursprünglich aus dem außereuropäischen Ausland, wobei Staatsangehörige aus Indien, China, Russland und der Türkei den größten Anteil der Beschäftigten ausmachten.

IT-Fachkräfteeinwanderung gesetzlich begünstigt

Um eine entsprechende Zuwanderungen weiter zu fördern, hat der deutsche Gesetzgeber für IT-Fachkräfte besondere Migrationsregelungen erschaffen. IT-Fachkräfte aus Drittstaaten haben in Bezug auf Einreise und Aufenthalt insofern eine rechtlich begünstigte Stellung gegenüber anderen ausländischen Fachkräften.

Die Blaue Karte EU für IT-Fachkräfte mit Universitätsabschluss

So hat beispielsweise die bei akademisch gebildeten Fachkräften bevorzugte Blaue Karte EU für die sogenannten „MINT“-Fächer geringere Gehaltsanforderungen. Dies betrifft etwa alle Informatiker, Ingenieure und Ärzte (ausgenommen Zahnmedizin). Ist normalerweise ein Gehalt von rund 56.000 Euro für die Blaue Karte notwendig, reicht im Falle der mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächer schon ein Einkommen von ca. 44.000 Euro. Auch die Anerkennung von Abschlüssen ist im IT-Bereich einfacher. So sind etwa durch die Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen der Kultusministerkonferenz viele indische (etwa vom IIT Kharagpur, dem IIT Bombay oder dem IIT Delhi) und chinesische (beispielsweise von der Peking University und der Tsinghua University) Abschlüsse als vergleichbar zu deutschen Bildungsanforderungen festgestellt worden. Zwei der größten Hürden entfallen also für IT-Fachkräfte aus Indien und China.

Die Aufenthaltserlaubnis für IT-Fachkräfte ohne Universitätsabschluss

Eine weitere Besonderheit ist, dass für IT-Fachkräfte eine spezielle Form der Aufenthaltserlaubnis eingerichtet wurde („Beschäftigung in ausgewählten Berufen bei ausgeprägter berufspraktischer Kenntnis“). Muss normalerweise zur Einreise und zum Aufenthalt ein anerkannter Universitäts- oder Berufsabschluss zur sog. Fachkräfteeinwanderung vorliegen, genügt es für IT-Fachkräfte, wenn sie in den letzten sieben Jahren mindestens drei Jahre Berufserfahrung im IT-Bereich gesammelt haben. Überdies wird ein Mindestbruttojahresgehalt von rund 50.000 Euro vorausgesetzt. In gewissen Fällen werden außerdem ausreichende Deutschkenntnisse (CEFRL B1-Zertifikat des Goethe-Instituts) erwartet. Ob die Sprachkenntnisse im Einzelfall notwendig sind, kann im Zweifel ein Rechtsanwalt für Migrations- und Einwanderungsrecht beantworten.

Was sind die ersten Schritte?

Sollten die genannten Voraussetzungen erfüllt sein, ist zunächst ein Visum zu beantragen. Für indische Fachkräfte ist die deutsche Botschaft in Neu Delhi und für chinesische Zuwanderer die Botschaft in Peking zuständig. Diese wird in Abstimmung mit der Ausländerbehörde die Unterlagen entgegennehmen, prüfen und sodann über das weitere Vorgehen informieren. Da einige der Voraussetzungen im Einzelfall abweichen können, ist es empfehlenswert, prozessbegleitend einen Anwalt für Migrationsrecht zu Rate zu ziehen.

Nach erfolgter Einwanderung können IT-Fachkräfte unter erleichterten Bedingungen den sog. Familiennachzug und die Niederlassungserlaubnis beantragen. Als Langzeitperspektive ist sodann sogar die Einbürgerung möglich.