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Litigationblog

Arbeitnehmerüberlassung: Darf die Höchstüberlassungsdauer 18 Monate auf demselben Arbeitsplatz bei einem Entleiher überschreiten?

Das Landesarbeitsgericht Köln hat über Arbeitnehmerüberlassung in einem kürzlich veröffentlichten Beschluss vom 06.09.2019 bejaht. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.

Das Landesarbeitsgericht hat am 06.09.2019 entschieden, dass kein Verstoß im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung gegen die Höchstüberlassungsdauer gemäß § 1 AÜG vorliegt, wenn der Entleiher mehrere Leiharbeitnehmer nacheinander auf demselben Arbeitsplatz einsetzt. Die 18 Monate Höchstüberlassungsdauer gelten nach Auffassung des Gerichts nicht in diesem Fall.

Worum ging es in der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts?

Eine Arbeitgeberin hörte den bei ihr gebildeten Betriebsrat zu der geplanten Einstellung eines Leiharbeitnehmers mit der Bitte um Zustimmung an. Der Betriebsrat verweigerte die Zustimmung zu der geplanten Einstellung und begründete dies damit, dass bereits seit längerem (mehr als 18 Monate) Leiharbeitnehmer in diesem Bereich eingesetzt würden. Daher sei die Einrichtung eines regulären Arbeitsplatzes dringend erforderlich und der temporären Arbeitnehmerüberlassung vorzuziehen. Mit ihrer bei dem zuständigen Arbeitsgericht eingegangenen Antragsschrift begehrt die Arbeitgeberin die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur Einstellung des Leiharbeitnehmers und die Feststellung, dass die vorläufige Einstellung aus sachlichen Gründen dringend erforderlich gewesen sei. Zur Begründung hatte sie angeführt, dass sich aus der Mitteilung des Betriebsrats nicht hinreichend klar entnehmen lasse, aus welchem Grund er die Zustimmung zur Einstellung des Leiharbeitnehmers verweigert habe. Die Einstellung verstoße auch nicht gegen § 1 AÜG, da die zulässige Überlassungshöchstdauer von 18 Monaten nicht überschritten werde.

Was ist die Höchstüberlassungsdauer in der Zeitarbeit?

Das mit dem 01.04.2017 geänderte Arbeitnehmerüberlassungsgesetz hat eine Obergrenze für die Dauer der Leiharbeit eingeführt. Der einzelne Leiharbeitnehmer darf grundsätzlich maximal 18 Monate auf demselben Arbeitsplatz bei einem Entleiher arbeiten (§ 1 Abs. 1b Satz 1 AÜG).

Nach § 1 Abs. 1b Satz 1 AÜG in der seit dem 01.04.2017 geltenden Fassung ist die Arbeitnehmerüberlassungshöchstdauer jedoch arbeitnehmerbezogen ausgestaltet, wie das Landesarbeitsgericht nun bekräftigt hat. Es handelt es sich lediglich um eine individuelle Einsatzlimitierung. Durch die Neuregelung sollen Leiharbeitnehmer geschützt werden, indem sie nur für einen klar begrenzten Zeitraum eingesetzt werden können. So soll einer dauerhaften Substitution von Stammbeschäftigten entgegengewirkt werden Die von § 14 Abs. 2 TzBfG abweichende zeitliche Grenze von 18 Monaten sei das Ergebnis eines Kompromisses zwischen CDU/CSU und SPD, so das Landesarbeitsgericht.

Was bedeutet letztendlich nun die Höchstüberlassungsdauer in der Entscheidung?

Ausgestaltet ist diese Grenze als zweifaches Verbot: Der Verleiher darf den Leiharbeitnehmer nicht länger als 18 Monate demselben Entleiher überlassen (Überlassungshöchstdauer), der Entleiher darf diesen nicht länger als 18 Monate tätig werden lassen (Einsatzhöchstdauer). Anknüpfungspunkt für eine zeitliche Begrenzung des Einsatzes von Leiharbeitnehmern ist dabei nicht der Beschäftigungsbedarf beim Entleiher, sondern allein die Person des betreffenden Leiharbeitnehmers. Die dauerhafte Besetzung eines Arbeitsplatzes beim Entleiher und die damit verbundene Einschränkung der Stammbelegschaft ist daher nach der Konzeption des Gesetzes zulässig, so das Landesarbeitsgericht.

Im Weiteren begründet das Landesarbeitsgericht seine Entscheidung mit den folgenden Hilfsargumenten:

  • Gemäß Art. 2 der Leiharbeitsrichtlinie 2008/104/EG vom 19.11.2008 verfolgt die Richtlinie primär das Ziel, für den Schutz der Leiharbeitnehmer zu sorgen und die Qualität der Leiharbeit zu verbessern. Sie bezweckt hingegen nicht die Sicherung von Dauerarbeitsplätzen im Entleihunternehmen. Die Richtlinie nimmt demgemäß durchweg eine arbeitnehmerbezogene Betrachtung vor. Dieses primäre Ziel, den Schutz der Leiharbeitnehmer zu verbessern, wird unabhängig davon erreicht, ob die Tätigkeiten im Entleihunternehmen von dauernder Natur sind oder nicht.
  • 3 der Richtlinie, der Leiharbeit als die „vorübergehende“ Tätigkeit bei dem entleihenden Unternehmen definiert, zwingt ebenfalls nicht dazu, den Begriff „vorübergehend“ arbeitsplatzbezogen zu verstehen. Ihrem Wortlaut nach erfasst die Bestimmung genauso den arbeitnehmerbezogenen Einsatz bei dem Entleiher. Auch ein Vergleich des § 1 Abs. 1 b AÜG mit dem Befristungsrecht ergibt keine Wertungswidersprüche. Die Abdeckung eines ständigen, dauerhaften Personalbedarfs über aufeinander folgende befristete Arbeitsverhältnisse unterscheidet sich grundlegend von dem vorübergehenden Einsatz eines von seinem Arbeitgeber unbefristet angestellten Leiharbeitnehmers, sofern dieser, wie die Leiharbeitsrichtlinie bezweckt, im Verhältnis zu seinem Vertragsarbeitgeber hinreichend geschützt ist.
  • 1 Abs. 1 b AÜG und die darauf basierende Besetzung von Dauerarbeitsplätzen mit Leiharbeitnehmern halten schließlich einer Missbrauchsprüfung stand. Die nach Art. 5 der Richtlinie geforderte Missbrauchsprüfung umfasst grundsätzlich nur die Zahl der mit derselben Person abgeschlossenen Verträge, nicht hingegen die zur Verrichtung der gleichen Arbeit geschlossenen Verträge.

Fazit

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass diese Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Köln, sollte sie in Rechtskraft erwachsen, klar die Grenzen der Anwendbarkeit des Erfordernisses der Höchstüberlassungsdauer in der Leiharbeit nachvollzogen hat. Diese Entscheidung schafft damit mehr Rechtssicherheit für Entleiher in der Arbeitnehmerüberlassung, die mehrere Leiharbeitnehmer hintereinander auf demselben Arbeitsplatz einsetzen wollen.