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Kammergericht Berlin: Die Äußerung, ein bestimmter Arzt sei „einer der gefährlichsten & tödlichsten Ärzte“, ist von der Meinungsfreiheit gedeckt (Az. 10 W 52/17)

Unser Mandant ist promovierter Wissenschaftler und ein angesehener Wissenschaftsjournalist. In einem öffentlichen Chat mit einer Journalistin des Nachrichtenmagazins DER SPIEGEL äußerte unser Mandant unter anderem, dass ein bestimmter – namentlich von ihm im Chat genannter – Arzt „one of the most dangerous & lethal doctors“ sei.

Dieser Arzt beantragte beim Landgericht Berlin den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen unseren Mandanten. Die Äußerung unseres Mandanten sei Ruf schädigend und verletze das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des angegriffenen Arztes. Wir verteidigten uns damit, dass eine entsprechende Äußerung von der Meinungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Grundgesetz gedeckt ist. Eine Schmähkritik, die nicht mehr von Art. 5 Abs. 1 Grundgesetz gedeckt wäre, lag aus unserer Sicht nicht vor, weil unser Mandant im Rahmen eines Meinungsaustausches lediglich zugespitzt formuliert hatte und eine öffentliche Schmähung des Arztes nicht im Vordergrund stand.

Das Landgericht Berlin gab uns Recht und wies den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen unseren Mandanten zurück. Der unterlegene Arzt legte gegen diese Entscheidung des Landgerichts sofortige Beschwerde in zweiter Instanz beim Kammergericht Berlin ein, hatte damit letztlich aber ebenfalls keinen Erfolg. Das Kammergericht folgte uns in unserer Auffassung, „dass die streitgegenständliche Äußerung vom Durchschnittsleser als polemisch überspitzte Formulierung zu der Qualität [der] beruflichen Leistungen [des Arztes] verstanden wird.“ Die hohe Schwelle für die Annahme einer Schmähkritik werde nicht erreicht.

In der Tat wäre die Meinungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Grundgesetz nicht sonderlich viel wert, wenn man bereits bei jeder überspitzten Formulierung mit dem Recht in Konflikt käme. Der ungehinderte Austausch freier Meinungen wäre erheblich beeinträchtigt.