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Dürfen Arbeitgeber bei „Kurzarbeit Null“ den Urlaubsanspruch kürzen?

Ein aktuelles Urteil der 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf (Vorinstanz: Arbeitsgericht Essen) hat einen interessanten Präzedenzfall geschaffen: Arbeitnehmer, die wegen der Pandemie zur Kurzarbeit eingeteilt sind, haben weniger Anspruch auf Erholungsurlaub. Mehr zu diesem Fall und dem Urteil erfahren Sie hier auf zellerseyfert.com.

Die klagende Arbeitnehmerin arbeitete seit 2011 in einer Bäckerei in Teilzeit an 3 Tagen pro Woche. Laut ihrem Arbeitsvertrag stehen ihr 28 Werktage (also Tage, die nicht Sonn- oder Feiertage sind) Urlaub zu. Das bedeutete in ihrem Fall 14 Arbeitstage Urlaub.


Urlaub aufgrund von „Kurzarbeit Null“ gekürzt

Aufgrund der Coronavirus-Pandemie wurde die Arbeitnehmerin von April bis Dezember des Jahres 2020 auf Kurzarbeit gesetzt. In den gesamten Monaten Juni, Juli und Oktober waren null Arbeitsstunden gemeldet, was als „Kurzarbeit Null“ bezeichnet wird.

Unter Berücksichtigung der als Kurzarbeit Null erfassten Monate berechnete der beklagte Arbeitgeber die Urlaubstage neu. Er gewährte im August und September 11,5 freie Arbeitstage, was die Arbeitnehmerin als ungerecht empfand.


Klage gegen Urlaubskürzung wegen Kurzarbeit

Die Arbeitnehmerin reichte Klage gegen den Arbeitgeber ein und behauptete, sie habe im Jahr 2020 2,5 Urlaubstage verloren. Sie war der Auffassung, dass Kurzarbeit nicht dasselbe sei wie Urlaub. Schließlich müsse sie sich an den Tagen, an denen sie zur Arbeit eingeteilt sei, beim Arbeitgeber melden. Dies sei unabhängig davon, ob tatsächlich Arbeitsstunden anfielen oder nicht. Außerdem könne sie keinen längeren Urlaub einplanen, weil der Arbeitgeber sie innerhalb eines Tages zur Arbeit einberufen könne. Schließlich trug sie vor, dass der Kurzarbeitsstatus nicht ihre Schuld sei und sie nicht wegen der Pandemie bestraft werden wolle.


Das Urteil: Kurzarbeit gleich Urlaubskürzung

Das Gericht gab dem Arbeitgeber Recht und begründete dies damit, dass die Kürzung des Urlaubs bei Kurzarbeit Null nach § 3 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) rechtens sei. Für jeden vollen Monat der Kurzarbeit Null werde der Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers um 1/12 gekürzt.

Für die Arbeitnehmerin bedeute das: Nach der Berechnung von 3 Monaten Kurzarbeit Null im Jahr 2020 hätte die tatsächliche Kürzung 3,5 Tage betragen müssen. Somit habe die Arbeitnehmerin tatsächlich 1 Urlaubstag mehr erhalten als gesetzlich vorgeschrieben.


Was ist der rechtliche Hintergrund für die Urlaubskürzung?

Kurzarbeiter werden in Bezug auf den Urlaubsanspruch wie befristet Beschäftigte behandelt. Da es kein anderes unmittelbar auf diese Situation anwendbares deutsches Gesetz gibt, bezog sich das Arbeitsgericht auf das Recht zum Mindesturlaubsanspruch gem. Art. 7 Abs. 1 RL 2003/88/EG.

Das Gericht schloss sich der Auffassung an, dass die Urlaubstage als Ausgleich für die geleisteten Arbeitstage zu gewähren seien. Zudem sei der Status „Kurzarbeit Null“ aufgrund der Pandemie nicht gleichzusetzen mit einer Arbeitsunfähigkeit, etwa aufgrund einer Krankheit. Die Tatsache, dass das Coronavirus die Ursache für den Verlust von Arbeitstagen war, helfe in der Lage der Arbeitnehmerin nicht weiter, da es kein entsprechendes Schutzgesetz zu ihren Gunsten gebe.