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Kommentierung zu § 7 HWG

Ich werde gegen Ende 2014 auf der Webseite www.heilmittelwerbegesetz.de einen Online-Kommentar zum Heilmittelwerbegesetz herausbringen. Einen Auszug daraus möchte ich bereits an dieser Stelle vorab veröffentlichen. Bei dem nachfolgenden Auszug handelt es sich um meine vollständige Kommentierung zu § 7 HWG. Diese Kommentierung kann freilich keine Rechtsberatung im Einzelfall ersetzen. Eine Haftung für die inhaltliche Vollständigkeit und Richtigkeit der Kommentierung kann ich deshalb nicht übernehmen. Google

I. Grundlage im Recht der Europäischen Union

1. Richtlinie 2001/83/EG

Der europäische Gesetzgeber strebte ursprünglich eine Vereinheitlichung der Zulässigkeitsvoraussetzungen für die Bewerbung von Humanarzneimitteln mit Hilfe der Richtlinie 92/28/EWG des Rates vom 31. März 1992 über die Werbung für Humanarzneimittel an. Weil im Laufe der Jahre unzählige EG-Richtlinien zu Arzneimitteln erlassen und nachfolgend – oft mehrmals – geändert worden waren, fasste der europäische Gesetzgeber aus Gründen der Übersicht und Klarheit alle relevanten EG-Richtlinien zu Arzneimitteln zu einem einzigen Text in Form eines Kodex zusammen. Diesen Arzneimittel-Kodex hat der europäische Gesetzgeber ebenfalls in Form einer EG-Richtlinie erlassen, konkret als Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel. Die Vorschriften zur Werbung für Arzneimittel sind dort in den Artikeln 86 bis 100 enthalten. Die für § 7 HWG relevanten Vorschriften sind dabei in den Artikeln 94 bis 96 enthalten, die konkret wie folgt lauten:

Artikel 94

(1) Im Rahmen der Verkaufsförderung für Arzneimittel bei den zu ihrer Verschreibung oder Abgabe berechtigten Personen ist es verboten, diesen eine Prämie, finanzielle oder materielle Vorteile zu gewähren, anzubieten oder zu versprechen, es sei denn, sie sind von geringem Wert und für die medizinische oder pharmazeutische Praxis von Belang.

(2) Der Repräsentationsaufwand im Zusammenhang mit der Verkaufsförderung muss immer in einem vertretbaren Rahmen bleiben und in Bezug auf den Hauptzweck der Veranstaltung von untergeordneter Bedeutung sein; er darf sich nicht auf andere als im Gesundheitswesen tätige Personen beziehen.

(3) Die zur Verschreibung oder Abgabe von Arzneimitteln berechtigten Personen dürfen keine der aufgrund von Absatz 1 untersagten oder im Widerspruch zu Absatz 2 stehenden Anreize verlangen oder annehmen.

(4) Die Absätze 1, 2 und 3 lassen die in den Mitgliedstaaten bestehenden Maßnahmen oder Handelspraktiken hinsichtlich der Preise, Gewinnspannen und Rabatte unberührt.

Artikel 95

Die Bestimmungen des Artikels 94 Absatz 1 stehen der direkten oder indirekten Bewirtung bei ausschließlich berufsbezogenen und wissenschaftlichen Veranstaltungen nicht entgegen; der entsprechende Repräsentationsaufwand muss immer in einem vertretbaren Rahmen bleiben und in Bezug auf den wissenschaftlichen Hauptzweck der Veranstaltung von untergeordneter Bedeutung sein; er darf sich nicht auf andere als im Gesundheitswesen tätige Personen beziehen.

Artikel 96

(1) Gratismuster dürfen nur ausnahmsweise unter folgenden Voraussetzungen an die zur Verschreibung berechtigten Personen abgegeben werden:

a) die Anzahl von Mustern von jedem Arzneimittel pro Jahr und je Verschreiber muss begrenzt sein;

b) jedes Muster darf nur auf schriftliches Ersuchen mit Datum und Unterschrift des Verschreibenden geliefert werden;

c) bei den Lieferanten der Muster muss ein angemessenes System für die Durchführung der Kontrolle und die Feststellung der Verantwortlichkeit bestehen;

d) das Muster muss der kleinsten im Handel erhältlichen Packung entsprechen;

e) das Muster muss die Aufschrift „unverkäufliches Gratisärztemuster“ oder eine Angabe mit gleicher Bedeutung tragen;

f) dem Muster ist eine Kopie der Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels beizufügen;

g) es dürfen keine Muster von Arzneimitteln abgegeben werden, die psychotrope Substanzen oder Suchtstoffe im Sinne der internationalen Übereinkommen, wie das Übereinkommen der Vereinten Nationen von 1961 bis 1971, enthalten.

(2) Ferner können die Mitgliedstaaten die Abgabe von Mustern bestimmter Arzneimittel weiter einschränken.

2. Umsetzung in § 7 HWG

§ 7 HWG geht deutlich über die Vorgaben der Richtlinie 2001/83/EG hinaus, da § 7 HWG nicht nur auf Werbung für Arzneimittel, sondern auch auf Werbung für Medizinprodukte Anwendung findet. Ebenso ist § 7 HWG anwendbar auf Werbung für kosmetische Mittel, Gegenstände zur Körperpflege sowie andere Mittel, Verfahren, Behandlungen und Gegenstände, soweit sich die Werbeaussage auf die Erkennung, Beseitigung oder Linderung von Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhaften Beschwerden bei Mensch oder Tier bezieht. Anwendbar ist § 7 HWG auch auf Werbung für operative plastisch-chirurgische Eingriffe, soweit sich die Werbeaussage auf die Veränderung des menschlichen Körpers ohne medizinische Notwendigkeit bezieht. Es ist dem deutschen Gesetzgeber zwar nicht verboten, die Vorschriften zur Arzneimittelwerbung aus der Richtlinie 2001/83/EG im deutschen Recht auch weiterhin auf Medizinprodukte etc., also alle erdenklichen Heilmittel, angewendet bleiben zu lassen. § 7 HWG schießt in seiner Weite jedoch deutlich über die europäischen Zielvorgaben hinaus und sollte de lege ferenda auf Humanarzneimittel begrenzt werden. Andernfalls drohen Nachteile für die deutsche Wirtschaft im europäischen Wettbewerb, weil im europäischen Ausland entsprechende Werbeverbote nur auf Arzneimittel beschränkt sein müssen. Für sonstige Heilmittel besteht m. E. aber auch im deutschen Recht bereits jetzt durchaus Raum für eine einschränkende Auslegung des § 7 HWG, soweit die arzneimittelwerberechtlichen Vorschriften der Richtlinie 2001/83/EG darauf wertungsmäßig nicht passen.

II. Inhalt und Bedeutung des § 7 HWG

1. Abstraktes Gefährdungsdelikt

Es ist nicht notwendig, dass die Zuwendungen und sonstigen Werbegaben (Waren oder Leistungen) die Gegenleistung oder das „Entgelt“ für die Zuwendung bestimmter Heilmittel sind. Die Zuwendungen und sonstigen Werbegaben können auch unabhängig von einer Hauptleistung angeboten, angekündigt oder gewährt werden. Es ist ferner nicht notwendig, dass die Gewährung von Zuwendungen und sonstigen Werbegaben nachfolgend zu einer konkreten Gesundheitsgefährdung auf Grund evtl. falsch verschriebener Heilmittel geführt hat. Es ist im Übrigen ebenfalls nicht erforderlich, dass die Zuwendungen und sonstigen Werbegaben gegenüber demjenigen gewährt werden, der später die Heilmittel bekommen soll. Die Gewährung von Zuwendungen und sonstigen Werbegaben an dritte Personen (wie z. B. Vermittler, Zwischenhändler) ist vollkommen ausreichend. Bei § 7 HWG handelt es sich damit um ein abstraktes Gefährdungsdelikt, das weder einen Erfolg des Zuwendungsangebots noch die Gefährdung einer bestimmten Person voraussetzt.

2. Grundsätzliches Verbot der Heilmittelwerbung mittels Zuwendungen und sonstigen Werbegaben (§ 7 Abs. 1 Satz 1 HWG)

a) Grundsätzliches Verbot

§ 7 Abs. 1 Satz 1 HWG enthält in seinem ersten Halbsatz ein grundsätzliches Verbot der Heilmittelwerbung mittels Zuwendungen und sonstigen Werbegaben (Waren oder Dienstleistungen). Dieser Grundsatz wird allerdings von einer Reihe von Ausnahmen durchbrochen.

b) „Zuwendungen“ und „Werbegaben“

aa) § 7 HWG vermittelt in seinem Abs. 1 Satz 1 1. HS den irreführenden Eindruck, als sei das Wort „Werbegaben“ der allgemeinere Oberbegriff und der Begriff „Zuwendungen“ ein speziellerer Teil davon. Dies ist jedoch nicht der Fall. Beide Begriffe verhalten sich vielmehr komplementär zueinander. Deutlich wird dies dadurch, dass § 7 HWG in Abs. 1 Satz 2 lediglich das Wort „Werbegaben“ und in Abs. 2 lediglich das Wort „Zuwendungen“ verwendet, ohne dass damit ein inhaltlicher Unterschied gemeint ist. Beide Begriffe sind deshalb offenbar auch aus Sicht des Gesetzgebers frei austauschbar. Dass der Gesetzgeber „Waren oder Dienstleistungen“ als Erläuterung in Klammern hinter diese Begriffe setzt, verdeutlicht zudem, dass die Begriffe „Zuwendungen“ und „Werbegaben“ im wettbewerbsrechtlichen Sinne weit zu verstehen sind. Selbstverständlich ist auch „Geld“ erfasst (arg ex § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 lit. a HWG), auch wenn Geld an sich keine Ware ist.

bb) „Zuwendungen“ und „Werbegaben“ im Sinne des § 7 HWG sind Zugaben im Sinne der früheren – inzwischen aufgehobenen – ZugabeVO. „Zuwendungen“ und „Werbegaben“ im Sinne des § 7 HWG setzen ebenso wie früher die Zugaben voraus, dass eine Hauptsache (z. B. ein Medizinprodukt oder ein kosmetisches Mittel) veräußert wird. Es muss dabei ein innerer Zusammenhang zwischen der Veräußerung der Hauptsache und der Hingabe der Zuwendung bzw. Werbegabe bestehen. Im Zweifel ist von so einem inneren Zusammenhang auszugehen.

cc) Es ist unerheblich, ob die Zuwendung oder Werbegabe vor, bei oder nach Lieferung der Hauptsache gewährt wird. Voraussetzung ist jedoch, dass die Zuwendung oder Werbegabe gewährt wird, ohne dass dafür ein gesondertes Entgelt bezahlt werden muss. Andernfalls liegt eine Zuwendung oder Werbegabe schon begrifflich nicht vor. Dass der Wert der gewährten Zuwendung oder Werbegabe eventuell in den Kaufpreis der Hauptsache einkalkuliert worden ist, ist für die Bewertung der Frage der Entgeltlichkeit allerdings ohne Belang.

c) Gewinne aus der Teilnahme an Preisausschreiben, Verlosungen oder anderen Verfahren

Um eine Inkonsistenz mit § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 13 HWG zu vermeiden, sind vom Begriff der „Zuwendungen“ und „Werbegaben“ in § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG nicht erfasst: Gewinne aus der Teilnahme an Preisausschreiben, Verlosungen oder anderen Verfahren, deren Ergebnis vom Zufall abhängig ist, sofern diese Maßnahmen oder Verfahren keiner unzweckmäßigen oder übermäßigen Verwendung von Arzneimitteln Vorschub leisten. Wie § 11 Abs. 1 Satz 2 HWG verdeutlicht, gilt die Verbotsvorschrift des § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 13 HWG für Medizinprodukte sogar gar nicht, so dass Gewinne aus der Teilnahme an Preisausschreiben, Verlosungen oder anderen Verfahren, deren Ergebnis vom Zufall abhängig ist, insoweit keinesfalls gemäß § 7 HWG verboten werden können. § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 13 HWG i. V. m. § 11 Abs. 1 Satz 2 HWG würden sonst über § 7 HWG wieder ausgehebelt werden. Die m. E. zutreffende vorbeschriebene Auffassung ist allerdings nicht unumstritten. Teilweise wird auch versucht, die Widersprüche zwischen § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 13 HWG und § 7 HWG dadurch aufzulösen, dass man § 7 HWG bei Gewinnen aus der Teilnahme an Preisausschreiben, Verlosungen oder anderen Verfahren zumindest dann für anwendbar hält, wenn sich die Werbung an Fachkreise richtet (so z. B. OLG Hamburg, Urt. v. 21.06.1979 – Az.: 3 U 32/79, veröffentlicht z. B. in: GRUR 1979, 726 – Werbung war an Apotheken gerichtet). Diese abweichende Auffassung ist jedoch schon deshalb abzulehnen, weil § 7 Abs. 1 Satz 2 HWG Werbegaben für Angehörige der Heilberufe bereits selbst eigenständig geregelt hat. Sonstige Voraussetzungen aus § 11 Abs. 1 HWG sollte es insoweit gerade nicht mehr geben.

d) Muster und Proben von Arzneimitteln

Wie sich aus § 7 Abs. 1 Satz 3 HWG i. V. m. § 47 Abs. 3 ArzneimittelG ergibt, sind auch Muster und Proben von Arzneimitteln „Zuwendungen“ bzw. „Werbegaben“ im Sinne des § 7 HWG. Eine Rechtfertigung der Zuwendung von Mustern oder Proben von Arzneimitteln kann sich dann z. B. aus § 7 Abs. 1 Satz 3 HWG i. V. m. § 47 Abs. 3 ArzneimittelG ergeben.

e) Anbieten

Ein Anbieten setzt kein verbindliches Angebot im Sinne des § 145 BGB voraus. Anbieten im Sinne des § 7 Abs. 1 HWG ist jede ausdrückliche oder konkludente Erklärung gegenüber einzelnen oder mehreren anderen Personen, eine bestimmte Zuwendung oder Werbegabe erbringen oder zur Verfügung stellen zu wollen. Eine invitatio ad offerendum, d. h. eine Einladung dazu, dass der potentielle Empfänger selbst den ersten Schritt unternimmt, die Zuwendung oder Werbegabe zu empfangen, ist ausreichend. Ein Zugang oder Kenntnisnahme des Angebots ist keine Voraussetzung.

f) Ankündigen

Ankündigen ist jedes Versprechen gegenüber der Öffentlichkeit oder einem größeren unbegrenzten und unbestimmten Personenkreis, Zuwendungen oder Werbegaben in der Zukunft konkret anbieten oder gewähren zu wollen. Ein solches Ankündigen kann z. B. geschehen in Preislisten, Katalogen, Prospekten sowie auf Flyern oder Etiketten. Zugang oder Kenntnisnahme der Ankündigung ist keine Voraussetzung.

g) Gewähren

Gewähren ist das tatsächliche Erbringen oder Zurverfügungstellen der Zuwendung oder Werbegabe an eine oder mehrere bestimmte Personen. Ein Anbieten oder Ankündigen muss nicht vorausgegangen sein (so auch BGH, Urt. v. 20.05.1960 – Az. I ZR 93/59, veröffentlicht z. B. in GRUR 60, 558, 562).

h) Annehmen als Angehöriger der Fachkreise

Die Tatbestandsalternative „als Angehöriger der Fachkreise anzunehmen“ wurde durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz – GMG) v. 14.11.2003 (BGBl. I S. 2190) eingefügt. Sie ist am 01.01.2004 in Kraft getreten. Diese Einfügung hatte der Regierungsentwurf (BTagsDrucks. 15/1525) wie folgt begründet:

Die Änderung verfolgt das Ziel einer effektiveren Bekämpfung unerwünschter Verhaltensweisen im Bereich der Heilmittelwerbung. Nach bisheriger Rechtslage konnten Empfänger einer unzulässigen Zuwendung oder sonstigen Werbegabe, sofern keine sonstigen Gesetzesverstöße vorlagen, selbst nicht belangt werden. Die Annahme einer nach § 7 HWG verbotenen Werbegabe stellte für Empfänger weder eine Ordnungswidrigkeit dar, noch bestand eine Verpflichtung für Empfänger, verbotswidrig erlangte Vorteile herauszugeben. Entsprechend den Vorschriften der §§ 331 und 332 StGB zur strafbaren Vorteilsannahme und Bestechlichkeit wird nunmehr auch im Bereich des Heilmittelwerbegesetzes auf der Ebene der Ordnungswidrigkeiten geregelt, dass Empfänger einer verbotswidrigen Zuwendung, sofern es sich um Angehörige der Fachkreise im Sinne von § 2 handelt, eine Ordnungswidrigkeit begehen, die entsprechend geahndet werden kann.

3. Verschärfung des Verbots bei Werbegaben für Angehörige der Heilberufe (§ 7 Abs. 1 Satz 2 HWG)

a) Angehörige der Heilberufe

Werbegaben für Angehörige der Heilberufe sind nur dann zulässig, wenn sie zur Verwendung in der ärztlichen, tierärztlichen oder pharmazeutischen Praxis bestimmt sind.

b) Praxis

Das Tatbestandsmerkmal „Praxis“ wird nicht räumlich, sondern funktional bezogen auf den Heilberuf verstanden. „Praxis“ umfasst dabei alle Tätigkeiten, die zur Ausübung des betreffenden Heilberufes gehören. Dazu zählen heilberufliche Tätigkeiten in Kliniken, in Instituten, im Freien (z. B. bei Rettungsmaßnahmen) oder bei der Fortbildung. Auch das Wartezimmer einer heilberuflichen Praxis ist vom Praxisbegriff umfasst. Für das Wartezimmer können z. B. Zeitschriften oder Spielsachen für wartende Kleinkinder bestimmt sein.

c) Bestimmung zum Praxisgebrauch

Für die Bestimmung zum Praxisgebrauch kommt es auf die subjektive Intention des Gebers der Werbegabe und die objektive Eignung der Werbegabe zum Praxisgebrauch an. Wie der Empfänger der Werbegabe dieser dann einsetzt oder verwendet, ist gleichgültig. Als für die heilberufliche Praxis bestimmte Werbegaben kommen z. B. in Betracht: Rezeptblöcke, Zeitschriften, Kugelschreiber, Süßigkeiten, Spielsachen etc.

d) Unbeschadet des Satzes 1

Zu beachten ist, dass § 7 Abs. 1 Satz 2 HWG bei Werbegaben für Angehörige der Heilberufe nur zusätzliche Voraussetzungen aufstellt, die zusätzlich zu den Rechtfertigungsvoraussetzungen der § 7 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 bis 5 HWG erfüllt sein müssen. Nicht gestattet ist deshalb z. B. die Ausstattung der Arztpraxis mit Möbeln oder medizinischen Geräten, da dies keine Gegenstände von bloß geringem Wert sind. Problematisch mag im Einzelfall auch die längerfristige und regelmäßige Ausstattung einer Arztpraxis mit Rezeptblöcken, Kugelschreibern oder Süßigkeiten sein. In solchen Fällen wird es auf lange Sicht zweifelhaft sein, ob insgesamt Gegenstände von bloß geringem Wert zugewendet worden sind.

4. Ausnahmen vom Verbot

a) § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HWG: Gegenstände von geringem Wert oder geringwertige Kleinigkeiten

aa) Unterscheidung

Das Gesetz unterscheidet in Nr. 1 zwischen Gegenständen von geringem Wert und geringwertigen Kleinigkeiten. Bei Gegenständen von geringem Wert verlangt der Gesetzgeber zusätzlich, dass die Gegenstände durch eine dauerhafte und deutlich sichtbare Bezeichnung des Werbenden oder des beworbenen Produktes oder beider gekennzeichnet sind.

bb) Geringwertige Kleinigkeiten

Bei „geringwertigen Kleinigkeiten“ ist eine solche Kennzeichnung hingegen nicht notwendig. Daraus wird m. E. zutreffend abgeleitet, dass ohne Werbeaufdruck nur solche Zuwendungen oder Werbegaben zulässig sind, die nach allgemeiner Auffassung auch für geringvermögende oder vermögenslose Leute einen vollkommen zu vernachlässigenden geringen Wert haben. Neben dem objektiven Wert der Zuwendung ist dabei auch der subjektive Wert maßgeblich, den die Zuwendung gerade für den Empfänger hat. So hat z. B. das OLG Hamburg (Beschluss vom 26.05.1992 – Az.: 3 W 63/92, veröffentlicht z. B. in: WRP 1992, 805, 806) ein imitiertes Goldkettchen trotz eines objektiven Warenwertes von bloß 0,20 DM/0,10 Euro nicht mehr als geringwertig eingestuft. Klare „verobjektivierbare“ Wertgrenzen lassen sich m. E. nicht ziehen. Die Wertgrenze ist im Einzelfall zu bestimmen. Erfasst sein dürften aber regelmäßig nur Werbegaben mit einem Wert von wenigen Cent. Das Landgericht Frankfurt am Main nahm in jüngerer Zeit eine Wertgrenze von 0,50 Euro an (siehe Landgericht Frankfurt am Main, Urt. v. 11.11.2004 – Az.: 2/3 O 241/04, veröffentlicht z. B. in: GRUR-RR 2005, 96, 98). Der BGH stufte im Jahr 2002 sogar ein „Bündel von Werbebeigaben im Gesamtwert von 1,75 DM“ als geringwertige Kleinigkeit ein (siehe BGH, Urt. v. 04.07.2002 – Az.: I ZR 38/00, veröffentlicht z. B. in: GRUR 2002, 1088). Beispiele für geringwertige Kleinigkeiten: Luftballons, einfache Kugelschreiber, Bonbons, Heftklammern, billige Plastikfiguren (siehe BGH, Urt. v. 15.12.1953 – Az.: I ZR 168/53, veröffentlicht z. B. in: NJW 1954, 469) etc. Keine geringwertigen Kleinigkeiten sind z. B. Treuepunkte, die nach einem Einkauf im Wert von 50,- bis 250,- DM einen Preisvorteil im Umfang von 5,- bis 10,- DM gewähren (siehe BGH, Beschluss v. 11.12.2003 – Az.: I ZR 68/01, veröffentlicht z. B. in: GRUR 2004, 350); ein Einkaufsgutschein im Wert von 5,- Euro (siehe OLG Oldenburg, Urt. v. 13.12.2005 – Az.: 18 O 688/05, veröffentlicht z. B. in: WRP 2006, 913, 915); die Gewährung einer Zugabe im Wert von 9,30 Euro bei jeder Medikamentenbestellung übers Internet (OLG München, Urt. v. 22.03.2007 – Az.: 29 U 5300/06, veröffentlicht z. B. in: GRUR-RR 2007, 297, 299); die Erstattung der Praxisgebühr von 10,- Euro durch einen Augenoptiker beim Brillenkauf (OLG Stuttgart, Urt. v. 21.10.2004 – Az.: 2 U 79/04, veröffentlicht z. B. in: NJW 2005, 227, 228).

cc) (Kennzeichnungspflichtige) Gegenstände von geringem Wert

Sofern es sich bei der Zuwendung oder Werbegabe nicht lediglich um eine geringwertige Kleinigkeit handelt, könnte sich die Zulässigkeit der Gewährung auch daraus ergeben, dass es sich bei der Zuwendung oder Werbegabe um einen Gegenstand von geringem Wert handelt. Dieser müsste dann durch eine dauerhafte und deutlich sichtbare Bezeichnung des Werbenden oder des beworbenen Produktes oder beider gekennzeichnet sein. Der Werbende braucht dabei nicht mit vollem Namen genannt werden. Es genügen abkürzende Bezeichnungen (z. B. BASF) oder auch der Aufdruck bloßer Bildmarken (siehe OLG Düsseldorf, Urt. v. 17.05.1974 – Az.: 2 U 123/73, veröffentlicht z. B. in: GRUR 1975, 267, 268; BGH, Urt. v. 08.06.1956 – Az.: I ZR 175/54, veröffentlicht z. B. in: NJW 1956, 1559, 1560). Was die Frage der Geringwertigkeit des zugewendeten Gegenstandes betrifft, so ist darauf abzustellen, welchen Wert der Gegenstand gerade für den Empfänger hat. Die Höhe der Produktionskosten ist ohne Belang. Der Werbeaufdruck wird regelmäßig dazu führen, dass der Gegenstand für den Empfänger an Wert verliert, weil sich solche offensichtlichen Werbegeschenke nur schlecht entgeltlich weiterverlaufen lassen. Um eine sinnvolle Abstufung zum Begriff der „geringwertigen Kleinigkeit“ zu erreichen, dürfen kennzeichnungspflichtige Gegenstände von geringem Wert durchaus einen gewissen greifbaren Wert aufweisen, wobei m. E. nur wenige Euro zulässig sein sollten. Klare Rechtsprechung ist insoweit praktisch nicht vorhanden. Nicht mehr geringwertig trotz Werbeaufdrucks hat die Rechtsprechung z. B. eingestuft: die unentgeltliche Überlassung eines Wasserspenders im Wert von ca. 700,- Euro für drei Jahre (LG München I, Urt. v. 30.01.2008 – Az.: 1 HK O 13279/07, veröffentlicht z. B. in: PharmR 2008, 330, 335 f.); die Zuwendung eines Gratis-Brillenglases im Wert von 90,- Euro (OLG Stuttgart, Urt. v. 24.02.2005 – Az.: 2 U 143/04, veröffentlicht z. B. in: GRUR-RR 2005, 235, 236).

dd) Zuwendungen und Werbegaben für Arzneimittel

Zuwendungen und Werbegaben für Arzneimittel sind gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 2. Halbsatz HWG generell unzulässig, soweit sie entgegen den Preisvorschriften gewährt werden, die auf Grund des Arzneimittelgesetzes gelten. Auf Grund des § 78 ArzneimttelG ist die Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) erlassen worden. Die AMPreisV gibt den Preisrahmen für Arzneimittel vor, der durch Zuwendungen und Werbegaben nicht verlassen werden darf. Zuwendungen und Werbegaben müssen sich also innerhalb des betreffenden Preisrahmens für Arzneimittel gemäß AMPreisV halten. Sofern es sich bei den Zuwendungen um Waren oder Dienstleistungen handelt, ist deren objektiver Wert zu bestimmen, um beurteilen zu können, ob der Preisrahmen wegen der Zuwendung oder Werbegabe verlassen worden ist. Enthalten die Preisvorschriften der AMPreisV für bestimmte Arzneimittel keine Regelungen (z. B. für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel, für die die AMPreisV gemäß § 1 Abs. 4 gar nicht anwendbar ist), bleiben Zuwendungen und Werbegaben zulässig, weil sie außerhalb und nicht entgegen den Preisvorschriften der AMPreisV gewährt werden.

b) § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HWG: Zuwendungen oder Werbegaben in Form eines Geldbetrages oder in Form gleicher Waren

aa) Keine Rechtfertigung von Sachprämien

Die Auslegung des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HWG ist in vielen Bereichen bis heute umstritten und im Fluss. Geklärt ist bislang zumindest, dass Sachprämien (z. B. eine Armbanduhr als Geschenk für den Erwerb eines Medizinproduktes) keine von § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HWG gerechtfertigten Zuwendungen oder Werbegaben darstellen. Dies hat der BGH in mehreren Entscheidungen eindeutig entschieden. Siehe zuletzt insbesondere BGH, Urt. v. 26.03.2009 – Az.: I ZR 99/07, veröffentlicht z. B. in: GRUR 2009, 1082.

bb) Naturalrabatte (lit. b)

Geklärt ist auch, dass es sich bei den in einer bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Menge gleicher Waren im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 lit. b) HWG um solche zugegebenen Waren handeln muss, die mit der gekauften Ware nach Gattung und Qualität identisch sind. Die Identität von zugegebenen und gekauften Waren ergibt sich zwar nicht zwingend aus dem Wortlaut der Vorschrift, wird aber von der Rechtsprechung wie selbstverständlich vorausgesetzt (sog. Naturalrabatt auf die eingekaufte Ware). Eine bloße Ähnlichkeit genügt insoweit nicht (siehe z. B. BGH, Urt. v. 21.04.1978 – Az.: I ZR 165/76, veröffentlicht z. B. in: LMRR 1978, 26 – zur damaligen ZugabeVO). Die rabattierte Ware kann mengenmäßig auch dann berechnet werden, wenn die Menge nicht zahlenmäßig bestimmt fixiert ist, sondern die Zahl erst noch auf bestimmte Art berechnet werden muss. So der eindeutige Wortlaut der Vorschrift.

cc) Keine Rechtfertigung von Naturalrabatten für apothekenpflichtige Arzneimittel (3. Halbsatz)

§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 lit. b) HWG soll nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Halbsatz 3 HWG für apothekenpflichtige Arzneimittel keine Anwendung finden. Damit ist klar, dass Naturalrabatte bei apothekenpflichtigen Arzneimitteln generell nicht über § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 lit. b) HWG gestattet werden können. Eine weitere Einschränkung finden Zuwendungen oder Werbegaben in Form von Arzneimitteln gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 HWG i. V. m. § 47 Abs. 3 ArzneimittelG (siehe dort unter II. 4. f)).

dd) Keine Rechtfertigung der Zuwendung von Geldbeträgen für apothekenpflichtige preisgebundene Arzneimittel (2. Halbsatz)

Zuwendungen und Werbegaben in Form von Geldbeträgen sind für Arzneimittel gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 2. Halbsatz HWG generell unzulässig, soweit sie entgegen den Preisvorschriften gewährt werden, die auf Grund des Arzneimittelgesetzes gelten. Diese Vorschrift wiederholt damit praktisch die Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 2. Halbsatz HWG, so dass auf die dortigen Ausführungen entsprechend Bezug genommen werden kann (siehe dort unter II. 4. a)).

ee) Nicht apothekenpflichtige Arzneimittel

Nicht apothekenpflichtige Arzneimittel unterliegen keinen Preisvorschriften, die auf Grund des Arzneimittelgesetzes gelten. Für nicht apothekenpflichtige Arzneimittel kommt deshalb eine Rechtfertigung nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HWG in vollem Umfang in Betracht. Halbsätze 2 und 3 betreffen nicht apothekenpflichtige Arzneimittel nicht.

ff) Zuwendungen oder Werbegaben in Form von Geldbeträgen (lit. a)

Sofern die Halbsatz 2 des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HWG nicht entgegensteht, können Zuwendungen oder Werbegaben für Heilmittel (z. B. nicht apothekenpflichtige Arzneimittel, Medizinprodukte, kosmetische Mittel) in Form von Geldbeträgen zulässig sein, wenn der betreffende Geldbetrag jeweils bestimmt ist oder auf bestimmte Art berechnet werden kann (siehe § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 lit. a) HWG). Nicht mehr berechnet werden kann ein Geldbetrag, wenn z. B. bloß die Gewährung „handelsüblicher Rabatte“ versprochen wird. Eine Werbung damit ist in jedem Falle unzulässig.

Es spricht aus meiner Sicht nichts dagegen, auch die Zuwendung von Gutscheinen nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 lit. a) HWG zu rechtfertigen, sofern der betreffende Gutschein einen bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Geldbetrag ausweist, der bei Einlösung des Gutscheins bei einem künftigen Einkauf gutgeschrieben wird. Für eine entsprechende Anwendung des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 lit. a) HWG auf Gutscheine sprechen sich ebenfalls aus: OLG Bamberg, Urt. v. 09.10.2013 – Az.: 3 U 48/13; OLG Naumburg, Urt. v. 26.08.2005 – Az.: 10 U 16/05, veröffentlicht z. B. in: GRUR-RR 2006, 336; OLG Rostock, Urt. v. 04.05.2005 – Az.: 2 U 54/04, veröffentlicht z. B. in: GRUR-RR 2005, 391, 392 f. – zur Zulässigkeit eines Bonussystems mit einer Apotheken-Bonuscard; siehe auch BGH, Urt. v. 22.05.2003 – Az.: I ZR 8/01, veröffentlicht z. B. in: GRUR 2003, 1057 – zum damaligen § 1 UWG a. F.

c) § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HWG: Handelsübliche Zuwendungen und Werbegaben

aa) Zubehör oder Nebenleistungen

§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HWG gestattet Zuwendungen und Werbegaben, die nur in handelsüblichem Zubehör zur Ware oder in handelsüblichen Nebenleistungen bestehen. „Zubehör“ und „Nebenleistung“ weisen als solche eine besondere Zweckbestimmung auf, die jeweils geschuldete Ware (Hauptsache) bzw. Hauptleistung zu fördern, zu ermöglichen oder ihr zu dienen (siehe z. B. BGH, Urt. v. 28.10.1993 – Az.: I ZR 246/91, veröffentlicht z. B. in: GRUR 1994, 230; BGH, Urt. v. 13.03.1964 – Az.: Ib ZR 117/62, veröffentlicht z. B. in: GRUR 1964, 509). Der Zubehörbegriff in § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HWG ist dabei nicht deckungsgleich mit dem Zubehörbegriff in § 97 BGB, sondern heilmittelwerberechtlich eigenständig auszulegen (siehe auch BGH, Urt. v. 03.05.1967 – Az.: Ib ZR 57/65, veröffentlicht z. B. in: GRUR 1968, 53, 55 – zur damaligen ZugabeVO). So kann z. B. eine Probetube Zahnpasta in heilmittelwerberechtlicher Sicht durchaus noch als Zubehör zu einer Zahnbürste angesehen werden, obwohl die Voraussetzungen des § 97 BGB insoweit nicht (mehr) erfüllt sind (siehe BGH, Urt. v. 03.05.1967 – Az.: Ib ZR 57/65, wie eben). Um überhaupt Zuwendung oder Werbegabe sein zu können, muss das Zubehör einen eigenständigen (Zweit-)Nutzungswert haben, was z. B. bei bestimmten Verpackungen oder Behältnissen der Fall sein kann (Bsp.: Glas mit Flüssigarzneimittel kann später auch als Trinkglas verwendet werden). Nebenleistungen können z. B. sein: Übernahme von Fahrtkosten (siehe das Gesetzesbeispiel in § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 2. Halbsatz HWG), Übernahme von Versandkosten, Auslieferdienste für Laborleistungen, kostenloser Kundenparkplatz oder Erstattung der Parkgebühr.

bb) Handelsüblichkeit

Das Gesetz nennt in § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 2. Halbsatz HWG selbst ein Beispiel für die Handelsüblichkeit einer Nebenleistung: „als handelsüblich gilt insbesondere eine im Hinblick auf den Wert der Ware oder Leistung angemessene teilweise oder vollständige Erstattung oder Übernahme von Fahrtkosten für Verkehrsmittel des öffentlichen Personennahverkehrs, die im Zusammenhang mit dem Besuch des Geschäftslokals oder des Orts der Erbringung der Leistung aufgewendet werden darf“. Es lässt sich aus meiner Sicht verallgemeinern, dass – auch in anderen Fällen – nur solches Zubehör und nur solche Nebenleistungen als handelsüblich angesehen werden können, die im Hinblick auf den Wert der Ware oder Leistung angemessen sind. Der BGH hält die Übernahme von Fahrtkosten jedenfalls dann für angemessen, wenn die Höhe der übernommenen Fahrtkosten drei Prozent des Einkaufswertes der Ware nicht überschreiten (siehe BGH, Urt. v. 03.11.1994 – Az.: I ZR 82/92, veröffentlicht z. B. in: GRUR 1995, 163; BGH, Urt. v. 27.04.1995 – Az.: I ZR 77/93, veröffentlicht z. B. in: GRUR 1995, 616 – jeweils zur damaligen ZugabeVO).

Die Rechtsprechung formuliert regelmäßig, dass handelsüblich ist, was sich nach allgemeiner Auffassung der beteiligten Verkehrskreise im Rahmen vernünftiger kaufmännischer Gepflogenheiten hält (siehe z. B. BGH, Urt. v. 13.03.1964 – Az.: I b ZR 117/62, veröffentlicht z. B. in: NJW 1964, 1274, 1275; BGH, Urt. v. 30.06.1976 – Az.: I ZR 86/74, veröffentlicht z. B. in: NJW 1976, 2165 – jeweils zur damaligen ZugabeVO). Diese Definition weicht von § 346 HGB ab und führt dazu, dass auch neuartige Zuwendungen und Werbegaben handelsüblich sein können, auch wenn sie im Handelsverkehr bislang noch nicht zu den „geltenden Gewohnheiten und Gebräuchen“ gehört haben. Zudem müssen sich das betreffende Zubehör und die betreffende Nebenleistung im Hinblick auf den Wert der Ware oder Hauptleistung im konkreten Fall selbst „im Rahmen vernünftiger kaufmännischer Gepflogenheiten“ halten. Dies lässt sich jeweils nur im Einzelfall klären.

d) § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 HWG: Auskünfte oder Ratschläge

aa) Zweck

§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 HWG erklärt solche Zuwendungen oder Werbegaben für zulässig, die in der Erteilung von Auskünften oder Ratschlägen bestehen. In solchen Fällen fehlt es ersichtlich an einer sachfremden Beeinflussung, so dass diese Ausnahme an sich selbstverständlich ist. Auskünfte oder Ratschläge, die bereits zum Berufsbild des Erteilenden gehören (z. B. bei einem Apotheker), stellen schon keine Zuwendung oder Werbegabe dar, sondern sind Teil der sachgerechten Beratung, die ein Apotheker ohnehin schuldet. Entsprechendes gilt z. B. für solche Informationen in Packungsbeilagen bei Arzneimitteln, die gesetzlich ohnehin geschuldet sind. Diese sind bereits keine Zuwendungen oder Werbegaben und unterfallen bereits deshalb nicht § 7 HWG.

bb) Auskunft

Eine Auskunft liegt nach allgemeinem Sprachgebrauch nur dann vor, wenn zuvor ein entsprechendes Auskunftsverlangen gestellt worden ist. Die Auskunft in diesem Sinne ist dann eine Mitteilung über den Inhalt zum erfragten Gegenstand bezüglich der betreffenden Hauptleistung (Ware oder Dienstleistung), auf das sich das Auskunftsverlangen bezieht. Unerfragte oder unaufgeforderte Angaben stellen hingegen keine Auskünfte dar.

cc) Ratschlag

Bei fehlendem vorausgegangenem Auskunftsverlangen kann jedoch ein Ratschlag vorliegen. Ein Ratschlag ist ein kurz gefasster Hinweis oder eine kurz gefasste Empfehlung für seinen sachdienlichen und zweckmäßigen Gebrauch der betreffenden Hauptleistung (Ware oder Dienstleistung). Umfangreiche Erläuterungen oder ein eingehender Unterricht z. B. zur richtigen Bedienung eines Medizinproduktes stellen hingegen keinen bloßen Ratschlag dar. Auskunft und Ratschlag können selbstverständlich auch zusammenfallen.

dd) Beispiele

Kostenlose Hotlines für Anwendungs- bzw. Bedienungsfragen von Medizinprodukten; Ratschläge in Zeitungen oder Broschüren; Empfehlungen eines Medizinprodukteherstellers auf der eigenen Webseite oder in einem Diskussionsforum.

e) § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 HWG: Kundenzeitschriften

aa) Gesetzliche Regelung

Als Zuwendungen oder Werbegaben zulässig sind unentgeltlich an Verbraucherinnen und Verbraucher abzugebende Zeitschriften, die nach ihrer Aufmachung und Ausgestaltung der Kundenwerbung und den Interessen der verteilenden Person dienen, durch einen entsprechenden Aufdruck auf der Titelseite diesen Zweck erkennbar machen und in ihren Herstellungskosten geringwertig sind (Kundenzeitschriften). Schon um keine Zuwendung oder Werbegabe handelt es sich, wenn eine Zeitschrift unabhängig davon, ob überhaupt eine bestimmte Ware gekauft wird, zur unbehinderten Mitnahme im Wege der Selbstbedienung ausliegt (siehe z. B. OLG Frankfurt, Urt. v. 24.08.1989 – Az.: 6 U 62/89, veröffentlicht z. B. in: WRP 1990, 343, 344 f. – zur damaligen ZugabeVO). § 7 HWG ist insofern bereits mangels Zuwendung oder Werbegabe schon gar nicht anwendbar. Anders ist dies allerdings dann, wenn das Verkaufspersonal die – im Übrigen allgemein ausliegende – Zeitschrift in die Tüte zu einem gekauften Produkt beigelegt. Insofern wird diese Zeitschrift dann zu einer Kundenzeitschrift im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 HWG.

bb) Unentgeltliche Abgabe der Zeitschriften

Eine Zeitschrift, die unentgeltlich neben einer Ware oder Leistung abgegeben wird und auch den übrigen Erfordernissen einer Kundenzeitschrift im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 HWG  entspricht, wird nicht dadurch zur unerlaubten Zuwendung oder Werbegabe, dass ihr Inhalt zugleich Bedürfnissen Rechnung trägt, die auch von käuflich angebotenen Zeitschriften angesprochen werden (siehe BGH, Urt. v. 22.02.1967 – Az.: Ib ZR 1/65, veröffentlicht z. B. in: GRUR 1967, 665 („Fernsehprogramm“) – zur damaligen ZugabeVO). Die von § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 HWG erfassten Kundenzeitschriften sind allerdings zu unterscheiden von reinen Werbeschriften oder Werbebroschüren z. B. eines bestimmten Herstellers, die zwar ebenfalls unentgeltlich sein mögen, aber lediglich oder überwiegend bestimmte Produkte bewerben. Für solche Werbeschriften oder Werbebroschüren gilt die Zulässigkeitsvorschrift des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 HWG nicht. Kundenzeitschriften enthalten hingegen typischerweise unterschiedliche redaktionelle Beiträge von übergeordnetem, allgemeinem Interesse (siehe z. B. OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.11.2008 – Az.: I-20 U 173/07, veröffentlicht z. B. in: GRUR-RR 2009, 239 od. NJOZ 2009, 1437, 1439 – „Denksportheft“), die auch bloß unterhaltender Natur sein können.

cc) Dient nach ihrer Aufmachung und Ausgestaltung der Kundenwerbung und den Interessen der verteilenden Personen

Zeitschriften, die sich an einen unbestimmten Kreis interessierter Leser wenden und ihrer Aufmachung und Ausgestaltung nach keine Kundenbeziehung mit dem Leser aufbauen oder pflegen wollen, sind von der Zulässigkeitsvorschrift des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 HWG nicht erfasst. Solche allgemeinen Zeitschriften, die nicht das Ziel der Umwerbung von neuen oder bestehenden Kunden haben, unterliegen deshalb allgemein dem Verbot des § 7 Abs. 1 HWG.

Die Aufmachung der Kundenzeitschrift betrifft die äußere Form, die Ausgestaltung ihren Inhalt. Aufmachung und Ausgestaltung müssen einen zweifachen Zweck verfolgen: Die Umwerbung neuer oder bestehender Kunden sowie die Bewerbung der Organisation des Werbenden selbst. Letzteres wird durch das Tatbestandsmerkmal „Interessen des Verteilers dienen“ zum Ausdruck gebracht. Um die vorstehenden Werbezwecke erfüllen zu können, darf der redaktionelle Teil der Zeitschrift den werbenden Teil nicht vollkommen in den Hintergrund drängen (siehe z. B. BGH, Urt. v. 29.09.1965 – Az.: Ib ZR 100/63, veröffentlicht z. B. in: GRUR 1966, 338, 340 („Drogisten-Illustrierte“); OLG Düsseldorf: Urt. v. 10.07.1997 – Az.: 2 U 9/97, veröffentlicht z. B. in: WRP 1997, 968 ff. – jeweils zur damaligen ZugabeVO).

dd) Aufdruck auf Titelseite macht diesen Zweck erkennbar

Auf der Titelseite der Zeitschrift muss ein Aufdruck erkennen lassen, dass die Zeitschrift zu Werbezwecken bestimmt ist (siehe z. B. BGH, Urt. v. 29.09.1965 – Az.: Ib ZR 100/63, veröffentlicht z. B. in: GRUR 1966, 338, 341 – zur damaligen ZugabeVO). Durch diesen Aufdruck soll verhindert werden, dass bei Kunden der irrige Eindruck unabhängiger Berichterstattung entsteht.

ee) Geringwertige Herstellungskosten

§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 HWG stellt auf die Herstellungskosten und nicht auf den Wert (wie § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HWG) oder den Verkehrswert ab. Maßstab für die Geringwertigkeit der Herstellungskosten ist ein Vergleich mit entsprechenden käuflich angebotenen Zeitschriften (siehe BGH, Urt. v. 22.02.1967 – Az.: Ib ZR 1/65, veröffentlicht z. B. in: GRUR 1967, 665, 669 („Fernsehprogramm“); OLG Düsseldorf: Urt. v. 10.07.1997 – Az.: 2 U 9/97, veröffentlicht z. B. in: WRP 1997, 968 ff. – jeweils zur damaligen ZugabeVO).

f) § 7 Abs. 1 Satz 3 HWG i. V. m. § 47 Abs. 3 ArzneimittelG:

§ 7 Abs. 1 Satz 3 HWG lässt die Anwendung von § 47 Abs. 3 ArzneimittelG unberührt. Nach der Neuregelung der Ärztemusterabgabe durch das 2. Änderungsgesetz zum ArzneimittelG, durch die die Regelung des Abs. 3 in seiner alter Fassung auf Abs. 3 und 4 in ihrer aktuellen Fassung verteilt worden ist, muss § 7 Abs. 1 Satz 3 HWG sinngemäß auch die Anwendung von § 47 Abs. 4 ArzneimittelG unberührt bleiben lassen.

§ 47 Abs. 3 und Abs. 4 ArzneimittelG haben folgenden Wortlaut:

(3) Pharmazeutische Unternehmer dürfen Muster eines Fertigarzneimittels abgeben oder abgeben lassen an

1. Ärzte, Zahnärzte oder Tierärzte,

2. andere Personen, die die Heilkunde oder Zahnheilkunde berufsmäßig ausüben, soweit es sich nicht um verschreibungspflichtige Arzneimittel handelt,

3. Ausbildungsstätten für die Heilberufe.

Pharmazeutische Unternehmer dürfen Muster eines Fertigarzneimittels an Ausbildungsstätten für die Heilberufe nur in einem dem Zweck der Ausbildung angemessenen Umfang abgeben oder abgeben lassen. Muster dürfen keine Stoffe oder Zubereitungen

1. im Sinne des § 2 des Betäubungsmittelgesetzes, die als solche in Anlage II oder III des Betäubungsmittelgesetzes aufgeführt sind, oder

2. die nach § 48 Absatz 2 Satz 3 nur auf Sonderrezept verschrieben werden dürfen,

enthalten.

(4) Pharmazeutische Unternehmer dürfen Muster eines Fertigarzneimittels an Personen nach Absatz 3 Satz 1 nur auf jeweilige schriftliche Anforderung, in der kleinsten Packungsgröße und in einem Jahr von einem Fertigarzneimittel nicht mehr als zwei Muster abgeben oder abgeben lassen. Mit den Mustern ist die Fachinformation, soweit diese nach § 11a vorgeschrieben ist, zu übersenden. Das Muster dient insbesondere der Information des Arztes über den Gegenstand des Arzneimittels. Über die Empfänger von Mustern sowie über Art, Umfang und Zeitpunkt der Abgabe von Mustern sind gesondert für jeden Empfänger Nachweise zu führen und auf Verlangen der zuständigen Behörde vorzulegen.

Die Abgabe von Arzneimittelmustern und Arzneimittelproben als Zuwendungen und Werbegaben kommt im Hinblick auf § 7 Abs. 1 Satz 3 HWG i. V. m. § 47 Abs. 3 ArzneimittelG nur in Betracht an Ärzte, Zahnärzte oder Tierärzte, sowie an andere Personen, die die Heilkunde oder Zahnheilkunde berufsmäßig ausüben, soweit es sich nicht um verschreibungspflichtige Arzneimittel handelt, sowie an Ausbildungsstätten für die Heilberufe. Die Publikumswerbung mit Arzneimittelmustern und Arzneimittelproben außerhalb der Fachkreise ist bereits nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14 HWG untersagt. Heilmittelwerberechtlich unproblematisch ist es hingegen, wenn die in § 47 Abs. 3 ArzneimittelG genannten Personen die Arzneimittelmuster und Arzneimittelproben zu diagnostischen oder therapeutischen Zwecken an Patienten abgeben. Denn insofern findet keine Werbung statt; die betreffende Abgabe an Patienten verfolgt keinen Werbezweck.

g) § 7 Abs. 2 HWG: Zuwendungen im Rahmen ausschließlich berufsbezogener wissenschaftlicher Veranstaltungen

aa) Gesetzliche Regelung

§ 7 Abs. 2 HWG enthält eine Ausnahme von § 7 Abs. 1 HWG und erklärt Zuwendungen im Rahmen ausschließlich berufsbezogener wissenschaftlicher Veranstaltungen für zulässig, sofern diese einen vertretbaren Rahmen nicht überschreiten, insbesondere in Bezug auf den wissenschaftlichen Zweck der Veranstaltung von untergeordneter Bedeutung sind und sich nicht auf andere als im Gesundheitswesen tätige Personen erstrecken. § 7 Abs. 2 HWG setzt damit Art. 95 der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel in deutsches Recht um (siehe oben unter I. 1.). Ein wertvolles Hilfsmittel bei der Auslegung des § 7 Abs. 2 HWG stellt insbesondere § 20 FSA-Kodex Fachkreise der Freiwilligen Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie e. V. dar. Das Bundeskartellamt hat den FSA-Kodex Fachkreise inzwischen als Wettbewerbsregeln anerkannt, so dass er bei der Auslegung des § 7 Abs. 2 HWG berücksichtigt werden kann.

bb) Zuwendungen

Zum Begriff der „Zuwendungen“ siehe oben unter II. 2. b). Zuwendungen können hier insbesondere in der Übernahme von Reise-, Aufenthalts- und Verpflegungskosten bestehen. Reine Produktwerbungszuwendungen sind bei berufsbezogenen wissenschaftlichen Veranstaltungen hingegen ohnehin eher selten.

cc) „im Rahmen“ von Veranstaltungen

Die Formulierung „im Rahmen“ bedeutet, dass es nicht darauf ankommt, ob der Veranstalter selbst oder mit seiner Zustimmung Dritte die Zuwendungen erbringen. Der Veranstalter ist für die Zuwendungen nur dann nicht verantwortlich, wenn sich ihm diese nicht zurechnen lassen. Bei fehlender Zurechenbarkeit handelt der Veranstalter bereits nicht wettbewerbswidrig nach §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i. V. m. § 7 Abs. 1 HWG. Wenn der Veranstalter Zuwendungen dritter Personen auf seiner eigenen Veranstaltung nicht unterbindet, obwohl er dies könnte, ist er regelmäßig auch dafür verantwortlich. Der Veranstalter verhält sich in dieser Situation nur dann wettbewerbskonform, wenn sämtliche Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 HWG oder ein anderer Ausnahmetatbestand erfüllt sind.

dd) Berufsbezogen

Die Veranstaltung, in deren Rahmen die Zuwendungen erfolgen, muss für den Zuwendungsempfänger berufsbezogen sein. Als Berufe kommen nach dem Gesetzeszweck ausschließlich solche Berufe in Betracht, die mit der Herstellung oder Anwendung der in § 1 Abs. 1 HWG genannten Produkte befasst sind. Weiter reicht der Anwendungsbereich des HWG nicht. Der Beruf muss sich also beziehen auf Arzneimittel, Medizinprodukte sowie andere Mittel, Verfahren, Behandlungen und Gegenstände, soweit sich die Werbeaussage auf die Erkennung, Beseitigung oder Linderung von Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhaften Beschwerden bei Mensch oder Tier bezieht, sowie operative plastisch-chirurgische Eingriffe, soweit sich die Werbeaussage auf die Veränderung des menschlichen Körpers ohne medizinische Notwendigkeit bezieht. Andere Mittel sind dabei bestimmte kosmetische Mittel. Gegenstände sind dabei auch Gegenstände zur Körperpflege. Für Kosmetikerinnen ist berufsbezogen deshalb z. B. ein Kongress über allergische Reaktionen bei der Verwendung von kosmetischen Mitteln. Berufsbezogen für den jeweiligen Zuwendungsempfänger können freilich auch fachübergreifende Veranstaltungen sein, die der Erweiterung des beruflichen Horizonts dienen. Nicht mehr berufsbezogen, sondern sach- oder fachfremd wären hingegen z. B. Freizeitveranstaltungen für Ärzte oder Veranstaltungen rein karitativer Art.

ee) Wissenschaftliche Veranstaltungen

Die betreffende Veranstaltung muss zudem auch wissenschaftlichen Charakter aufweisen. In Betracht kommen also z. B. ärztliche und pharmazeutische Kongresse, berufsbezogene wissenschaftliche Fortbildungen, die Präsentation neuer Arzneimittel vor Fachpublikum, auch Symposien über Rechts- oder Steuerfragen zum jeweiligen Beruf mit Wissenschaftlern dieser Fachrichtungen. Am wissenschaftlichen Charakter fehlt es hingegen z. B. bei reinen Betriebsführungen, bei Kongressen zur Weiterentwicklung des Berufsrechts oder bei bloßen Verbandstagen kassenärztlicher Vereinigungen.

ff) Zuwendungen überschreiten nicht einen vertretbaren Rahmen

Die Zuwendungen dürfen einen vertretbaren Rahmen nicht überschreiten. Sie dürfen insbesondere in Bezug auf den wissenschaftlichen Zweck der Veranstaltung nur von untergeordneter Bedeutung sein. So will es das Gesetz ausdrücklich. Der Veranstalter hat insofern einen gewissen Beurteilungsspielraum. Er weiß am besten um die Größe und Wichtigkeit seiner Veranstaltung und kann deshalb grundsätzlich auch selbst am besten beurteilen, welche Zuwendungen im Rahmen der betreffenden Veranstaltung nur von untergeordneter Bedeutung sind. Ein wettbewerbswidriger Beurteilungsfehler liegt allerdings insbesondere dann vor, wenn die Gefahr eines unangemessenen unsachlichen Einflusses der Zuwendungsempfänger droht. § 7 Abs. 2 HWG korrespondiert an dieser Stelle weitgehend mit § 4 Nr. 1 UWG.

gg) Zuwendungen erstrecken sich nicht auf andere als im Gesundheitswesen tätige Personen

Zuwendungen an andere als im Gesundheitswesen tätige Personen sind unzulässig. Zuwendungen an Begleitpersonen von im Gesundheitswesen tätigen Personen (z. B. Ehegatten, Lebenspartner, Familienangehörige) sind also nicht von § 7 Abs. 2 HWG gedeckt, wenn diese nicht ebenfalls im Gesundheitswesen tätig sind. Es entscheiden allein die objektiven Verhältnisse. Der Veranstalter kann sich nicht darauf berufen, dass er irrig davon ausging, dass es sich beim Zuwendungsempfänger um eine im Gesundheitswesen tätige Person gehandelt hat. Der Zuwendungsempfänger muss im Übrigen gegenwärtig im Gesundheitswesen tätig sein. Ein nicht mehr praktizierender Arzt wäre also bereits nicht mehr von der Vorschrift des § 7 Abs. 2 HWG erfasst.

5. Generelles Werbeverbot in Bezug auf Blut-, Plasma- oder Gewebespenden in bestimmten Fällen (§ 7 Abs. 3 HWG)

a) Gesetzliche Regelung

Gemäß § 7 Abs. 3 HWG ist es unzulässig, für die Entnahme oder sonstige Beschaffung von Blut-, Plasma- oder Gewebespenden zur Herstellung von Blut- und Gewebeprodukten und anderen Produkten zur Anwendung bei Menschen mit der Zahlung einer finanziellen Zuwendung oder Aufwandsentschädigung zu werben. Zu beachten ist jedoch § 10 Transfusionsgesetz (TFG), dessen Satz 2 folgendermaßen lautet: „Der spendenden Person kann eine Aufwandsentschädigung gewährt werden, die sich an dem unmittelbaren Aufwand je nach Spendeart orientieren soll.“ Der Gesetzgeber hat bei Blutspenden also nichts gegen eine Aufwandsentschädigung als solche, sondern möchte lediglich verhindern, dass mit einer Aufwandsentschädigung zur Erlangung von Blutspenden geworben wird. Entsprechend ist bei Plasma- und Gewebespenden die Zahlung einer Aufwandsentschädigung zulässig. Lediglich die Werbung mit der Aufwandsentschädigung zur Erlangung von Plasma- und Gewebespenden möchte der Gesetzgeber verhindern. Jede andere Form der Werbung ist aber gestattet, so z. B. der Werbespruch „Blutspenden retten Leben!“. Ebenfalls nicht durch § 7 Abs. 3 HWG verboten ist die werbende Aufforderung zur Blutspende mit dem Ziel, das Blut selbst künftig in Form von Infusionen bei Verletzten verwenden zu wollen.

b) Auslegung durch den BGH

Der BGH (Urt. v. 30.04.2009 – Az.: I ZR 117/07, veröffentlicht z. B. in: GRUR 2009, 1189) legt die Vorschrift des § 7 Abs. 3 HWG im Lichte des Art. 12 Abs. 1 GG (Berufsfreiheit) einschränkend aus. Im vorgenannten BGH-Fall ging es um eine Anzeige, in der es in einem grau unterlegten Blocktext heißt: „Übrigens: „Der spendenden Person kann eine Aufwandsentschädigung gewährt werden, die sich an dem unmittelbaren Aufwand je nach Spendenart orientieren soll.“ (Transfusionsgesetz § 10,2)”. Der BGH kommt dabei zum Ergebnis, dass der bloße Hinweis in der Werbung eines Blutspendedienstes, dass den Spendern eine Aufwandsentschädigung gewährt werden kann, die sich am unmittelbaren Aufwand orientiert (§ 10 S. 2 TFG), nicht gegen das Werbeverbot nach § 7 Abs. 3 HWG verstößt. Schon im Hinblick auf das Grundrecht der freien Berufsausübung nach Art. 12 Abs. 1 GG könne es dem Blutspendedienst nicht verwehrt werden, sachlich darüber zu informieren, dass – der gesetzlichen Regelung in § 10 TFG entsprechend – dem Blutspender zwar kein Entgelt gezahlt, ihm aber eine Aufwandsentschädigung gewährt wird. Auch die Hervorhebung dieser Bewerbung in einem grau unterlegten Blocktext beanstandete der BGH – anders als noch die Vorinstanz (OLG Düsseldorf, Urt. v. 03.07.2007 – Az.: 20 U 19/07, veröffentlicht z. B. in: BeckRS 2009, 27837; ebenso im vorangegangenen einstweiligen Verfügungsverfahren: OLG Düsseldorf, Urt. v. 30.05.2006 – Az.: 20 U 30/06, veröffentlicht z. B. in: GRUR-RR 2007, 117) – ebenfalls nicht, insbesondere mit Rücksicht auf die Schwere des Eingriffs des § 7 Abs. 3 HWG in Art. 12 Abs. 1 GG. Verboten sind nach § 7 Abs. 3 HWG damit nur noch solche Bewerbungen einer Blutspende mit einer Aufwandsentschädigung, die nicht lediglich auf den Gesetzeswortlaut des § 10 S. 2 TFG hinweisen.

IV. Beweislasten

1. Kläger

Der Kläger muss folgende Tatbestandsmerkmale darlegen, substantiieren und beweisen:

– Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz: Zuwendungen und sonstige Werbegaben (Waren oder Leistungen) anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren oder als Angehöriger der Fachkreise anzunehmen

– Abs. 1 Satz 1 Nr. 1: Zuwendungen oder Werbegaben sind für Arzneimittel unzulässig, soweit sie entgegen den Preisvorschriften gewährt werden, die auf Grund des Arzneimittelgesetzes gelten

– Abs. 1 Satz 1 Nr. 2: Zuwendungen oder Werbegaben nach Buchstabe a sind für Arzneimittel unzulässig, soweit sie entgegen den Preisvorschriften gewährt werden, die aufgrund des Arzneimittelgesetzes gelten; Buchstabe b gilt nicht für Arzneimittel, deren Abgabe den Apotheken vorbehalten ist

– Abs. 3: (…), für die Entnahme oder sonstige Beschaffung von Blut-, Plasma- oder Gewebespenden zur Herstellung von Blut- und Gewebeprodukten und anderen Produkten zur Anwendung bei Menschen mit der Zahlung einer finanziellen Zuwendung oder Aufwandsentschädigung zu werben.

2. Beklagter

Der Beklagte muss hingegen folgende Tatbestandsmerkmale darlegen, substantiieren und beweisen:

– Abs. 1 Satz 1 Nr. 1: dass es sich bei den Zuwendungen oder Werbegaben um Gegenstände von geringem Wert, die durch eine dauerhafte und deutlich sichtbare Bezeichnung des Werbenden oder des beworbenen Produktes oder beider gekennzeichnet sind, oder um geringwertige Kleinigkeiten handelt

– Abs. 1 Satz 1 Nr. 2: dass die Zuwendungen oder Werbegaben in

a) einem bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Geldbetrag oder

b) einer bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Menge gleicher Ware gewährt werden

– Abs. 1 Satz 1 Nr. 3: dass die Zuwendungen oder Werbegaben nur in handelsüblichem Zubehör zur Ware oder in handelsüblichen Nebenleistungen bestehen; als handelsüblich gilt insbesondere eine im Hinblick auf den Wert der Ware oder Leistung angemessene teilweise oder vollständige Erstattung oder Übernahme von Fahrtkosten für Verkehrsmittel des öffentlichen Personennahverkehrs, die im Zusammenhang mit dem Besuch des Geschäftslokals oder des Orts der Erbringung der Leistung aufgewendet werden darf

– Abs. 1 Satz 1 Nr. 4: dass die Zuwendungen oder Werbegaben in der Erteilung von Auskünften oder Ratschlägen bestehen

– Abs. 1 Satz 1 Nr. 5: dass es sich um unentgeltlich an Verbraucherinnen und Verbraucher abzugebende Zeitschriften handelt, die nach ihrer Aufmachung und Ausgestaltung der Kundenwerbung und den Interessen der verteilenden Person dienen, durch einen entsprechenden Aufdruck auf der Titelseite diesen Zweck erkennbar machen und in ihren Herstellungskosten geringwertig sind (Kundenzeitschriften)

– Abs. 1 Satz 2: Werbegaben für Angehörige der Heilberufe sind unbeschadet des Satzes 1 nur dann zulässig, wenn sie zur Verwendung in der ärztlichen, tierärztlichen oder pharmazeutischen Praxis bestimmt sind.

– Abs. 1 Satz 3: Alle Voraussetzungen der § 47 Abs. 3 und Abs. 4 ArzneimittelG.

– Abs. 2: Zuwendungen im Rahmen ausschließlich berufsbezogener wissenschaftlicher Veranstaltungen, sofern diese einen vertretbaren Rahmen nicht überschreiten, insbesondere in Bezug auf den wissenschaftlichen Zweck der Veranstaltung von untergeordneter Bedeutung sind und sich nicht auf andere als im Gesundheitswesen tätige Personen erstrecken.

V. Anspruchsgrundlagen für die zivilgerichtliche Rechtsdurchsetzung

Dem Kläger stehen bei einer Verletzung des § 7 HWG durch den Beklagten insbesondere folgende Anspruchsgrundlagen zur Verfügung:

1. Unterlassungsanspruch

§ 8 UWG i. V. m. §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i. V. m. § 7 HWG.

2. Aufwendungsersatzanspruch

§ 12 Abs. 1 Satz 2 UWG i. V. m. §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i. V. m. § 7 HWG.

3. Schadensersatzanspruch

§ 9 UWG i. V. m. §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i. V. m. § 7 HWG.

4. Gewinnabschöpfungsanspruch

§ 10 UWG i. V. m. §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i. V. m. § 7 HWG. Ein solcher Anspruch besteht nicht für Mitbewerber, sondern lediglich für die gemäß § 8 Abs. 3 Nummern 2 bis 4 UWG Aktivlegitimierten.

5. Auskunftsanspruch

Weder im UWG noch im HWG gibt es eine eigene Anspruchsgrundlage für einen Auskunftsanspruch. Als Anspruchsgrundlage für einen Auskunftsanspruch kommt deshalb allenfalls § 242 BGB in Betracht, wenn ohne die Auskunft die Höhe des Schadens oder der Gewinnabschöpfung nicht hinreichend sicher bestimmt werden kann und es dem Beklagten zumutbar möglich ist, die betreffende Auskunft zu geben.

6. Anspruch auf öffentliche Bekanntmachung des Urteils

§ 12 Abs. 3 UWG i. V. m. §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i. V. m. § 7 HWG.

VI. Ordnungswidrigkeiten

Ein vorsätzlicher oder fahrlässiger Verstoß gegen § 7 Abs. 1 HWG bedeutet auch eine Ordnungswidrigkeit nach § 15 Abs. 1 Nr. 4 und Nr. 4a HWG, die nach § 15 Abs. 3 HWG mit einer Geldbuße bis zu 50.000 Euro geahndet werden kann. Danach handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder fahrlässig entgegen § 7 Abs. 1 und 3 HWG eine mit Zuwendungen oder sonstigen Werbegaben verbundene Werbung betreibt (siehe § 15 Abs. 1 Nr. 4 HWG) oder entgegen § 7 Abs. 1 HWG als Angehöriger der Fachkreise eine Zuwendung oder sonstige Werbegabe annimmt (siehe § 15 Abs. 1 Nr. 4a HWG). In Bezug auf § 7 Abs. 3 HWG ergibt sich hier die Besonderheit, dass ein bloßer Verstoß gegen § 7 Abs. 3 HWG noch keine Ordnungswidrigkeit darstellt. Ein Verstoß gegen § 7 Abs. 3 HWG setzt seinem klaren Wortlaut nach weder eine tatsächliche Zuwendung noch eine sonstige Werbegabe voraus, sondern lediglich eine Werbung mit der Zahlung einer finanziellen Zuwendung oder Aufwandsentschädigung. Da der Grundsatz nulla poena sine lege entsprechend auch im Ordnungswidrigkeitenrecht gilt (siehe § 3 OWiG), muss der – offenbar missglückte – Wortlaut des § 15 Abs. 1 Nr. 4 HWG auch in Bezug auf § 7 Abs. 3 HWG ernst genommen werden. Eine Ordnungswidrigkeit kann insofern also erst dann angenommen werden, wenn die Werbung mit der Zahlung einer finanziellen Zuwendung oder Aufwandsentschädigung zusätzlich noch mit einer tatsächlichen Zuwendung oder sonstigen Werbegabe verbunden ist. Dies wird wohl nur selten der Fall sein.

(c) 2014 RA Dr. Christian Seyfert