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BGH: Zur Bestimmung des Verletzergewinns nach einer Patentverletzung

Der BGH hat vor kurzem entschieden, dass bei der Bestimmung des herauszugebenden Anteils des Verletzergewinns, der durch die Benutzung der erfindungsgemäßen Lehre vermittelt worden ist, regelmäßig auch zu berücksichtigen ist, ob und inwieweit die erfindungsgemäße Ausgestaltung oder die damit unmittelbar oder mittelbar verbundenen technischen oder wirtschaftlichen Vorteile für die Abnehmer des Patentverletzers erkennbar waren oder ihnen gegenüber werblich herausgestellt wurden. Denn auch ein solcher Umstand lasse Rückschlüsse darauf zu, inwieweit die Marktchancen des vom Verletzer vertriebenen Produkts gerade durch die erfindungsgemäße Ausgestaltung des Erzeugnisses und die hierdurch vermittelten technischen oder wirtschaftlichen Vorteile beeinflusst wurden. Der BGH präzisiert mit seiner aktuellen Entscheidung seine Flaschenträger-Entscheidung vom 24.07.2012 – Az.: X ZR 51/11 (zur aktuellen Entscheidung: BGH, Beschl. v. 03.09.2013 – Az.: X ZR 130/12 – Kabelschloss).

In der aktuellen Entscheidung verlangte die Klägerin als Inhaberin des mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 361 155 (Klagepatents) von den Beklagten Schadensersatz wegen Patentverletzung in Höhe des Verletzergewinns. Das Klagepatent betrifft die Kombination einer zweiradrahmenseitigen Kabelschlosshalterung mit einem von dieser betriebsmäßig trennbaren Kabelschloss. Das OLG Düsseldorf hatte in der Berufungsinstanz, ebenso wie zuvor auch bereits das Landgericht, den auf der Benutzung der Erfindung beruhenden Anteil des Verletzergewinns in Höhe von 482.357 Euro, den die Beklagten durch Umsätze in Höhe von 1.007.201 Euro mit der Verletzungsform erzielt hatten, mit 10 % bemessen und die weitergehende Klage abgewiesen. Vor dem BGH verlangte die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Herausgabe weiterer 30 % des Verletzergewinns. Google

Der BGH hielt die weitergehenden Ansprüche der Klägerin für nicht gegeben. Die Beschwerde der Klägerin hatte deshalb beim BGH keinen Erfolg. Der BGH rief im aktuellen Fall noch einmal seine Grundsätze aus seiner Flaschenträger-Entscheidung aus dem Jahr 2012 in Erinnerung. Diese lauten:

„1. Der Schutzrechtsverletzer ist verpflichtet, den durch die Verletzungshandlungen erzielten Gewinn vollständig insoweit, aber auch nur insoweit herauszugeben, als er auf der Benutzung des immateriellen Schutzguts beruht.

2. Für die Bestimmung des Anteils des herauszugebenden Verletzergewinns ist bei einer Patentverletzung wertend zu bestimmen, ob und in welchem Umfang der erzielte Gewinn auf den durch die Benutzung der Erfindung vermittelten technischen Eigenschaften des Produkts oder anderen für die Kaufentscheidung der Abnehmer erheblichen Faktoren beruht. Die Höhe des herauszugebenden Verletzergewinns ist insoweit vom Tatrichter unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls nach freier Überzeugung zu schätzen.“

Nach Auffassung des BGH steht die Entscheidung des OLG Düsseldorf zum aktuellen Fall in Einklang mit den damaligen BGH-Grundsätzen aus der Flaschenträger-Entscheidung. Das OLG Düsseldorf hatte in der Berufungsinstanz ausgeführt, dass für die Schätzung des Kausalanteils insbesondere die Bedeutung ins Gewicht falle, die die technische Lehre des Klagepatents für die Verletzungsform gehabt habe. Das OLG Düsseldorf kam dabei zum Ergebnis, dass die Erfindung nur eine Detailverbesserung des Kabelschlosses und seiner Halterung darstelle und keine wesentlichen Verbesserungen gegenüber dem Stand der Technik bereitstelle. Das OLG Düsseldorf hatte sodann den Berufungsangriff für unbegründet erachtet, der sich dagegen richtete, dass das Landgericht im Rahmen seiner tatrichterlichen Gesamtabwägung in der ersten Instanz auch darauf abstellte, ob und in welchem Umfang die Beklagten die technische Gestaltung von Fahrradschloss und Halterung eigens werblich herausgestellt hätten.

Nach Auffassung des BGH durfte das OLG Düsseldorf bei der Bestimmung des auf die Verletzung des Klagepatents entfallenden Gewinnanteils berücksichtigen, dass die durch das Klagepatent unter Schutz gestellten technischen Details und Vorteile für die Käufer der Verletzungsform auf Grund der Verpackungsgestaltung nicht wahrnehmbar waren und von den Beklagten auch sonst weder unmittelbar noch mittelbar werblich herausgestellt wurden. Denn ein solcher Umstand lasse Rückschlüsse darauf zu, inwieweit die Marktchancen des vom Verletzer vertriebenen Produkts gerade durch die erfindungsgemäße Ausgestaltung des Erzeugnisses und die hierdurch vermittelten technischen oder wirtschaftlichen Vorteile beeinflusst wurden.

Nicht in Übereinstimmung mit der BGH-Rechtsprechung hätte es nach Auffassung des BGH nur gestanden, wenn das OLG Düsseldorf insoweit allein auf die Wahrnehmbarkeit der durch das Klagepatent unter Schutz gestellten Details abgestellt hätte. Denn gerade bei einem an private Endabnehmer veräußerten Erzeugnis könne allein mit einer solchen Erwägung die in der Regel komplexen und vielgestaltigen Gründe für den Markterfolg eines Produkts nicht angemessen erfasst werden. Das OLG Düsseldorf hatte bei seinem Urteil jedoch zutreffend alle Umstände des Einzelfalls gewürdigt, vor allem auch die Bedeutung der technischen Lehre des Klagepatents und die damit verbundenen technischen Vorzüge für die Verletzungsform sowie die Erwartungen des Marktes.