Litigationblog

OLG Celle: Unlauterer Wettbewerb – Klebefähnchen am Kopfhörer stellen keine ausreichende Kennzeichnung nach § 7 ElektroG dar

Das OLG Celle hat in einer Wettbewerbsstreitigkeit vor kurzem entschieden, dass die Befestigung von Klebefähnchen an einem Kopfhörer keine ausreichende Kennzeichnung nach § 7 ElektroG darstellt. Das OLG Celle stufte § 7 ElektroG in seinem Urteil als Marktverhaltensregel im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG ein, so dass der Verstoß gegen die Kennzeichnungsvorschriften des § 7 ElektroG nach Auffassung des OLG Celle zugleich unlauteren Wettbewerb begründete (OLG Celle, Urt. v. 21.11.2013 – Az.: 13 U 84/13).

Beide Parteien verkauften im vorliegenden Fall über die Handelsplattform „eBay“ Kopfhörer und ähnliche Elektronikwaren. In Streit stand § 7 Satz 1 ElektroG. Diese Vorschrift lautet:

„Elektro- und Elektronikgeräte, die nach dem 13. August 2005 in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union erstmals in Verkehr gebracht werden, sind dauerhaft so zu kennzeichnen, dass der Hersteller eindeutig zu identifizieren ist und festgestellt werden kann, dass das Gerät nach diesem Zeitpunkt erstmals in Verkehr gebracht wurde.“

Nach Auffassung des OLG Celle hatte die Beklagte vorliegend gegen § 7 Satz 1 ElektroG verstoßen, indem sie Kopfhörer vertrieb, die eine Kennzeichnung, über die der Hersteller identifiziert werden kann, lediglich in Form von Klebefähnchen auf dem Kabel enthielten. Diese Kennzeichnung stelle keine „dauerhafte Kennzeichnung“ im Sinne des § 7 Satz 1 ElektroG dar. Die Kennzeichnung mittels der Klebefähnchen sei zwar nicht bereits unabhängig von deren Dauerhaftigkeit deshalb unzulässig, weil sie lediglich „am“ und nicht „auf“ dem Produkt angebracht war. Eine – wie vorliegend – auf das Kabel eines Elektrogerätes geklebte Kennzeichnung befinde sich in gleicher Weise „auf“ dem Gerät wie ein Aufkleber, der auf eine andere Stelle des Gerätes geklebt worden ist.

Die Kennzeichnung mittels eines Klebefähnchens auf dem Kabel eines Elektrogerätes, das ohne nennenswerte Schwierigkeiten abgerissen oder abgeschnitten werden kann, sei jedoch jedenfalls dann nicht „ausreichend dauerhaft“ im Sinne des § 7 Satz 1 ElektroG, wenn sich diese Kennzeichnung auf einem Kabel befindet, das bei Betrieb des Gerätes üblicherweise sichtbar ist, die Klebefähnchen daher von Verbrauchern üblicherweise als störend empfunden werden und deshalb angenommen werden kann, dass sie in einer nicht unerheblichen Anzahl der Fälle entfernt werden. Die erforderliche Dauerhaftigkeit einer Kennzeichnung ist nach Auffassung des OLG Celle nur dann gegeben, wenn die Kennzeichnung ein Mindestmaß an Unzerstörbarkeit besitzt, was jedenfalls dann nicht der Fall ist, wenn die Kennzeichnung – wie vorliegend – ohne nennenswerte Schwierigkeiten, insbesondere ohne die Gefahr einer Beschädigung des Produktes selbst, durch einen einfachen Schnitt mit einer Schere vom Produkt entfernt werden kann. Der Begriff der Dauerhaftigkeit sei gesetzlich nicht näher definiert. Teilweise werde gefordert, dass die Kennzeichnung auch nach Reiben von Hand mit einem wasserdurchtränkten Tuch für 15 Sekunden sowie weiteren 15 Sekunden mit einem mit Petrolether durchtränkten Tuch nicht einfach zu entfernen sein dürfte und Aufkleber nach einer solchen Behandlung keine Wellen zeigen dürften. Unter Berücksichtigung sowohl des Gesetzeszweckes als auch des Gesetzeswortlauts sei jedoch weiter erforderlich, dass die Kennzeichnung auch sonst nicht unschwer zu entfernen ist. Die Einfügung des Begriffs „dauerhaft“ in § 7 ElektroG sei auf eine Empfehlung des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zurückzuführen. Diese Empfehlung sei damit begründet, dass es für eine effektive Marktüberwachung erforderlich sei, dass die Kennzeichnung so langlebig ist, dass sie auch bei der Entsorgung der Geräte noch Bestand habe. Die Bedeutung der Herstellerinformation für die Entsorgungsaktivität sei bereits in dem 22. Erwägungsgrund der Richtlinie 2002/96/EG betont, die durch das ElektroG umgesetzt wurde. Damit bei der Entsorgung auf die Herstellerinformation zurückgegriffen werden kann, sei es erforderlich, dass die Kennzeichnung regelmäßig bis zur Entsorgung Bestand hat. Sie müsse deshalb – unabhängig von der chemisch-physikalischen Beschaffenheit einer Klebeverbindung – ein solches Mindestmaß an Unzerstörbarkeit aufweisen, dass sie nicht durch einen einfachen Schnitt entfernbar ist.

Ob möglicherweise dann geringere Anforderungen an die physikalische Dauerhaftigkeit einer Kennzeichnung zu stellen sind, wenn diese ihrer Art oder der Stelle nach, an der sie angebracht ist, üblicherweise von Verbrauchern nicht als störend empfunden wird und deshalb zu erwarten ist, dass sie schon aus diesem Grund nicht entfernt wird, ließ das OLG Celle im vorliegenden Fall offen. Vielmehr stehe im vorliegenden Fall zur Überzeugung des Senates fest, dass die Klebefähnchen, mit denen die im Urteilstenor bezeichneten Kopfhörer versehen waren, in einer nicht unerheblichen Anzahl der Fälle jedenfalls als optisch störend empfunden werden würden. Das OLG Celle ging deshalb davon aus, dass Verbraucher sie regelmäßig entfernen würden. Diese Klebefähnchen bestünden aus einfach wirkendem Plastik in weißer Farbe und stünden damit in einem deutlichen Kontrast zu den ansonsten überwiegend in schwarz gehaltenen Kopfhörern. Sie hätten eine Größe von etwa 1 x 2 cm und sind beim normalen Gebrauch der Kopfhörer deutlich sichtbar.

§ 7 Satz 1 ElektroG stelle zudem eine Marktverhaltensregelung im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG dar. Zwar diene die Kennzeichnungspflicht unmittelbar Belangen des Umweltschutzes, die für sich genommen wettbewerbsneutral seien. Darüber hinaus bezwecke § 7 Satz 1 ElektroG jedoch insoweit den Schutz der Marktteilnehmer, als vermieden werden solle, dass die Herstellergemeinschaft bei fehlender Kennzeichnung der Geräte – in gleicher Weise wie bei einer fehlenden Registrierung des Herstellers – mit Entsorgungskosten belastet werden würde. Dieses Interesse der Marktteilnehmer habe im Gesetzgebungsverfahren ausdrücklich Berücksichtigung gefunden. Daraus folge die wettbewerbsrechtliche Relevanz der Kennzeichnungspflicht jedenfalls im Verhältnis zum Mitbewerber.

Das OLG Celle ließ die Revision zum BGH ausdrücklich zu. Zur Rechtskraft des Urteils des OLG Celle ist uns aktuell noch nichts bekannt.